Beschwerden: Unteroffizier zielte mit Sturmgewehr auf Rekruten

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Im Vorjahr wurden 398 Beschwerden beim Bundesheer gezählt. Übungen wurden ohne Schutzmasken durchgeführt, Gullys liefen über, Soldaten wurden als "Antihirne" beschimpft.

Die Beschwerden beim Bundesheer sind 2015 wieder zurückgegangen. 398 Beschwerden zählte die parlamentarische Bundesheerkommission im Vorjahr. 2014 waren es 508, 2013 384 und 2012 394. Das geht aus dem Jahresbericht hervor, der kürzlich im Nationalrat eingelangt ist. Trotz des Rückgangs kam es auch 2015 zu teils groben Verfehlungen und Schikanen.

So zielte ein Unteroffizier mit einem geladenen und entsicherten Sturmgewehr 77 auf Rekruten und meinte dabei: "Wenn ich jetzt abdrücke, würden die ersten vier Köpfe rollen". Ein anderer Ausbildner, ein Gruppenkommandant, trat beim Schießdienst gegen die Mündung der Waffen, während die Grundwehrdiener am Boden lagen und zielten. Einer der Rekruten erlitt dabei durch den Schlag des Zielfernrohres ein Cut auf der Stirn.

63 Prozent der Beschwerden betreffen Ausbildung

Generell machten Missstände bei der Ausbildung von Grundwehrdienern den Großteil der Beschwerden aus. 30 Prozent der Meldungen kamen von Rekruten, weitere 30 Prozent von Chargen. 63 Prozent der Beschwerden betrafen die Ausbildung bzw. den Dienstbetrieb. So wurden etwa ärztliche Vorgaben missachtet, die für einen Rekruten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt endeten. Oder Übungen mit Reizstoffen, aber ohne Schutzmasken, durchgeführt.

Daneben zeigt der Bericht auch den teils desolaten Zustand der Kasernen auf. Im Sanitärbereich eines Fliegerhorstes liefen bei gleichzeitiger Verwendung von Waschbecken und Duschen die Gullys über, was wegen verstopfter Abflussleitungen zum Austritt von Fäkalien führte. Ebenso mangelhaft ist oft die Schutzausrüstung: Laut Bericht sind die beim Auslandseinsatz im Kosovo verwendeten Kugelschutzwesten zerschlissen und gebrochen. Statt Splitterschutzbrillen gibt es Schibrillen. Dem Bericht zufolge kaufen sich die Soldaten privat geeignete Schutzbrillen, ebenso wie taugliche Obenschenkelholster für die Pistole.

"Euch g'hört in die Gosch'n g'haut"

Der Beschwerdebericht listet auch eine Unzahl von "unangebrachten Ausdrucksweisen" auf: Beschimpfungen wie "Antihirn" und Maßregelungen wie "Euch g'hört in die Gosch'n g'haut" wurden dokumentiert - und geben Einblick in den rauen Umgangston beim österreichischen Bundesheer. Dass ein Zugskommandant in den ersten Wochen der Grundausbildung eine Nachschulung mit den Worten: "Ihr könnt vom Glück reden, dass ich heute nicht das machen kann was ich will, sonst tät ich euch die ganze Nacht f*cken", ankündigte, führte zu einem von insgesamt neun amtswegig durchgeführten Prüfverfahren.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) weist in seiner Stellungnahme zum Bericht daraufhin, dass Belehrungen, Ermahnungen sowie Disziplinarstrafen erfolgt seien. Außerdem sei die Dienstaufsicht verstärkt und ein Führungsmethodikseminar zum Thema "Verhalten als Vorgesetzte" durchgeführt worden. In schwerwiegenden Fällen wurden Untersuchungskommissionen eingerichtet, in einem Fall wurden zwei Ausbildner entlassen. Bezüglich der mangelhaften Ausstattung stellte Doskozil neue Schutzausrüstungen in Aussicht. Deren Beschaffung sei im Rahmen eines Sonderinvestitionsprogramms vorgesehen.

Der Bericht der Bundesheerkommission ist seit Februar fertig. Er soll in den nächsten Wochen im Verteidigungsausschuss des Nationalrates behandelt werden. Erst danach ist die offizielle Präsentation im Zuge einer Pressekonferenz geplant. Bis 2014 wurde der Bericht üblicherweise bereits in der Karwoche vorgestellt. Der amtsführende Vorsitzende der Kommission, der SPÖ-Abgeordnete Otto Pendl verteidigte am Freitag den nun späteren Veröffentlichungszeitpunkt, der Verteidigungsminister habe so Zeit, Stellung zu nehmen. Das ÖVP-Präsidiumsmitglied Michael Hammer forderte im "Volksblatt" (Freitagausgabe) die Rekrutierung fähiger Ausbildner.

>>> Link zum Jahresbericht

(APA)

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