Ein schwer erreichbarer Knotenpunkt Europas

Der EuGH in Luxemburg
Der EuGH in LuxemburgBenedikt Kommenda
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Zwischen EU-Hauptstadt Brüssel und dem Großherzogtum verkehrt nur ein Bummelzug, das Straßennetz ist wegen der vielen Pendler nach Luxemburg chronisch verstopft.

Rein geografisch betrachtet scheinen wenige Orte in (West-)Europa so günstig gelegen zu sein wie Luxemburg: Das Großherzogtum liegt im Dreiländereck zwischen Frankreich, Deutschland und Belgien, auch die Schweiz (konkret Basel) und die Niederlande liegen nicht allzu weit entfernt.

Selbst den Gründervätern der EU ist diese Positionierung nicht entgangen: Als 1952 über die Gründung der Montanunion beraten wurde, einigten sich die Beteiligten recht schnell auf Luxemburg als vorläufigen Sitz der Behörde. Insofern ist es erstaunlich, dass Reisende von und nach Luxemburg von dieser Traumlage nicht wirklich profitieren können. In der Architektur der europäischen Institutionen kommt dem Herzogtum zwar die Rolle einer tragenden Säule zu: Neben dem EuGH haben auch das Generalsekretariat des Europaparlaments, die Statistikbehörde Eurostat, der Europäische Rechnungshof, die Europäische Investitionsbank (EIB) sowie der Euro-Rettungsschirm ESM ihr Hauptquartier in Luxemburg, zudem hält der Rat (das Gremium der EU-28) im April, Juni und Oktober dort Sitzungen ab. Doch für Normalsterbliche, die nicht chauffiert bzw. geflogen werden, ist die An- und Abreise eine Herausforderung. Das liegt zunächst einmal am Straßenverkehr: Nachdem Luxemburg EU-weit die höchste Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung aufweist, hat es sich zum Magneten für Pendler aus den benachbarten Ländern entwickelt. Geschätzte 130.000 Menschen reisen täglich zu ihrem Arbeitsplatz in Luxemburg an – was lange Staus an den Zufahrtsstraßen zur Folge hat.

Schnell nach Paris

Wer aus der EU-Hauptstadt Brüssel mit der Bahn kommt, muss Zeit investieren, denn die einzige Verbindung ist ein Bummelzug, der in allen mittelgroßen Bahnhöfen Südbelgiens haltmacht und für die rund 230 Kilometer lange Strecke mehr als drei Stunden braucht. Deutlich komfortabler ist die Anreise aus Paris, denn das Großherzogtum ist an das französische TGV-Netz angebunden – der Schnellzug benötigt für die Strecke gut zwei Stunden, es gibt täglich sieben Verbindungen. Wer mit der Bahn aus Frankfurt kommt, braucht mindestens vier Stunden Zeit und muss umsteigen. Und was den Luxemburger Airport anbelangt: Von dort aus werden nur wenige EU-Hauptstädte direkt angeflogen (unter anderem Wien). Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der Flughafen nur über eine Landebahn verfügt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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