Doskozil zu Sportpolitik: „Verwaltung muss abgespeckt werden“

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Sportminister Hans Peter Doskozil spricht im Interview über seine Erwartungen bezüglich der Fußball-EM, die Olympischen Spielen in Rio de Janeiro, Heeressport und Registrierkassa. Und er wünscht sich die tägliche Turnstunde.

Haben Sie sich schon eingearbeitet?

Hans Peter Doskozil: Im Großen und Ganzen ja, in jeder Hinsicht. Sport ist ein schönes, sehr interessantes Thema, in Österreich nicht zu unterschätzen. Und es ist sehr zeitintensiv. Vergangenes Wochenende hatte ich ausschließlich Sporttermine wahrzunehmen. Begonnen hat alles mit dem Startschuss zum Frauenlauf, eine ganz tolle Veranstaltung. Unglaublich, wie viele Menschen da auf den Beinen sind. Ich war beeindruckt.

Welche Beziehung hatten Sie als Kind zum Sport?

Ich bin für die damalige Zeit und eine kleine burgenländische Gemeinde ganz klassisch aufgewachsen, wenn man so will auf dem Fußballplatz. Der Fußballplatz ist der Bezugspunkt schlechthin.

Welchen Sport betreiben Sie?

Seit ich Minister bin, viel zu wenig. Das muss sich jetzt wieder ändern, sonst fühle ich mich unwohl. Ich bin früher viel gelaufen und mit dem Rad gefahren. Beim Bundesheer bin ich in Pinkafeld zum Orientierungslauf gekommen, jetzt spiele ich Badminton.

Was haben Sie sich als Sportminister zum Ziel gesetzt?

Die Verwaltung muss abgespeckt und die Sportförderung effizienter werden.

Geht es ein bisschen konkreter, bitte?

Es gibt die 40-Prozent-Klausel. 40 Prozent müssen laut gesetzlicher Vorgabe bei den Vereinen landen. Ich frage mich, warum nicht 70 bis 80 Prozent? Das versteht niemand. Die Frage ist: Wie kommt das Geld an die Basis? Darum muss auch im Sport die Verwaltung schlanker werden.

Am Geld scheitert der Sport in Österreich also nicht?

Wir haben zum Beispiel mit dem Projekt Rio in den vergangenen vier Jahren 20 Millionen Euro allein für die Vorbereitung auf die Olympischen Spielen investiert, um optimale Rahmenbedingungen zu garantieren. Mein Ziel ist es, nachhaltig zu arbeiten. Das heißt, ein Teil dieser Vorbereitungsarbeit wird schon in Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele geleistet. Als nachhaltiges Projekt sehe ich auch die tägliche Turnstunde. Das werden wir mit der Unterrichtsministerin abklären. Zu meinen Plänen gehört auch die Verbesserung der Sportinfrastruktur.

Womit wir beim Thema Sportstätten sind. Woran krankt es?

Es gibt in Sachen Sportinfrastruktur bis heute keinen Plan. Was passt in die Struktur? Was brauchen wir? All das gehört niedergeschrieben, ordentlich evaluiert. Dann werden wir es nachhaltig verbessern.

ÖFB-Präsident Windtner regt ein neues Nationalstadion an. Ihre Meinung dazu?

Bei der Euro 2008 hat man es leider verabsäumt, in Wien ein modernes Stadion zu errichten. Wir haben eine Studie in Auftrag gegeben, die bis spätestens September vorliegen soll, damit wir zu einer Entscheidung kommen können. Der Standort ist ideal, wir wollen doch alle wieder Fußballfeste in Wien erleben, vielleicht auch wieder einmal ein Europacupfinale.

Sie haben sich hohe Ziele gesetzt.

Ich versuche immer das Beste, in allen Bereichen. Im Sport werden wir an den Strukturen drehen. Ich möchte etwas Bleibendes hinterlassen.

Werden Sie bei Olympia in Rio und bei der EM in Frankreich live dabei sein?

In Rio werde ich bei Olympia und den Paralympics sein, in Frankreich beim Gruppenspiel Österreich gegen Island – vielleicht ein entscheidendes Spiel.

Wie viele Medaillen erwarten Sie sich in Rio?

Ich nenne keine Zahlen oder Namen. Das hängt alles von so vielen Faktoren ab. Ich erzeuge da keinen unnötigen Druck.

Sind Sie ein Fan der Nationalmannschaft?

Absolut.

Von wem konkret?

Vor allem vom Trainer. Koller ist ein klassischer Teamtrainer. Er ist ruhig, lässt alles reifen. Ihm könnte ich stundenlang zuhören.

Welche Spieler haben es Ihnen angetan?

David Alaba. Und Marko Arnautović. Er hat Spielwitz, wie der sich entwickelt hat, ist ganz toll. Auch ein Verdienst von Marcel Koller.

Sie sind ein Fußballfanatiker. Was erwarten Sie von der Euro?

Meine Tipps: 3:1 gegen Ungarn, 0:0 gegen Portugal, 2:1 gegen Island.

Und wer wird Europameister?

Mein Favorit ist Belgien.

Als Kind waren Sie von wem fasziniert?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich Rapidler bin. Mein Jahrhundertspieler ist Hans Krankl.

Als Rapid-Fan haben Sie in dieser Saison aber auch gelitten, oder?

Warum? Wir sind vor der Austria gelandet.

Zurück zu den Sportstrukturen. Sollte man die Dachverbände abschaffen?

Das ist nicht mein Ziel. Man darf nicht den Fehler machen und über alles drüberfahren. Man darf auch die Freiwilligen nicht vergessen.

Als Sportminister sind Sie auch Chef der Sporthilfe. Gehört auch diese reformiert?

Es wird bald einen neuen Geschäftsführer geben. Das ist ein Fulltimejob, wir brauchen einen Manager.

Zu Ihren Agenden gehört auch der Heeressport. Ist er noch zeitgemäß?

Wir sind das einzige Ministerium, das so etwas hat. Sportler müssen auch sozial abgesichert sein. Wir werden den Heeressport jetzt für Behinderte öffnen, fünf Planstellen für Behindertensportler schaffen.

Laute und starke Kritik gibt es an der Registrierkasseneinführung. ÖFB-Präsident Windtner hält das im Fußball für Unsinn. Ihre Meinung?

Also ich kenne die Meinung vom Land. Für Rettung, Feuerwehr und kleine Sportvereine ist das nicht zumutbar. Ich halte diese Regelung doch für etwas weltfremd.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2016)

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