Amt des Bundespräsidenten soll entrümpelt werden

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Die Diskussion über die Kürzung der Kompetenzen des Bundespräsidenten könnte bald in einer Enquete-Kommission weitergeführt werden.

Der neue österreichische Bundespräsident wurde gewählt – und bereits wenig später hat eine neuerliche Diskussion über seine (zu) weitgehenden Kompetenzen begonnen. Nun könnte die Debatte über die Kürzung der Kompetenzen schon bald in einer parlamentarischen Enquete-Kommission weitergeführt werden. Denn das kann sich nach ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka nun auch der neue Kanzleramtsminister, Thomas Drozda (SPÖ), vorstellen. „Ich bin dafür, dass das kommt“, sagt Drozda am Samstag im „Journal zu Gast“ im ORF-Radio. Wichtig sei, dass das Zusammenspiel von Präsident, Regierung und Parlament weiterhin funktioniere.

Drozda, der auch für Verfassungsfragen zuständig ist, verwies darauf, dass der Anstoß zu dieser Debatte ja vom designierten Bundespräsidenten, Alexander Van der Bellen, selbst gekommen war. Konkret hatte sich Van der Bellen daran gestoßen, dass der Bundespräsident die theoretische Möglichkeit hätte, das Parlament „auszuhebeln“. Sollte eine Kommission tatsächlich eine Änderung der Verfassung empfehlen, so werde das „seriös und profund“ diskutiert. Erst in den Jahren 2017 und 2018 erwartet sich Drozda eine Antwort.

Am Freitag hat ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka die Abhaltung einer entsprechenden Enquete im Parlament vorgeschlagen. Schon zuvor ließ er keinen Zweifel daran, dass er an einer Kürzung interessiert ist. „Nicht mehr zeitgemäße Rechte wie die Gewährung finanzieller Zuwendungen oder die Ehelicherklärung von Kindern könnten beispielsweise entfallen“, sagte Lopatka am Dienstag und wünschte sich einen „neuen Kompetenzkatalog“. Zur Diskussion stellte er auch die Zuständigkeit des Staatsoberhauptes zur Einberufung des neu gewählten Nationalrates, der Tagungen des Nationalrats sowie ihrer Beendigung.


„Nicht mehr zeitgemäß“. Auch die SPÖ sieht Handlungsbedarf. Klubchef Andreas Schieder sprach gar von einer „Entrümpelung der Kompetenzen“. Er ortet „einige Dinge, die nicht mehr zeitgemäß sind“. Damit meint Schieder etwa die Ehelicherklärung von Kindern und das Begnadigungsrecht. Aber auch die Ermächtigung zur Auflösung des Parlaments müsse „klarer, eindeutiger und sauberer“ geklärt werden. Ab Herbst solle dies von den Fraktionen „ausführlich und möglichst breit“ diskutiert werden.

Es gab aber auch kritische Stimmen: Die FPÖ lehnte eine Kompetenzkürzung ab. Wenig begeistert zeigte sich auch Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer (ÖVP). Wenn man die Funktionen des Präsidenten auf die der moralischen Instanz und des Repräsentanten des Staates reduziert, dann stelle sich nämlich die Frage, ob man den Präsidenten überhaupt noch brauche.

MINISTER

Thomas Drozda (50) ist Österreichs neuer Kanzleramtsminister. Der bisherige Kulturmanager folgt damit Josef Ostermayer nach.

Aufgaben
Drozda ist als Kanzleramtsminister nicht nur für Kultur, Medienpolitik und Verfassungsfragen zuständig, sondern auch Regierungskoordinator. In dieser Funktion will er im Hintergrund arbeiten: „Je weniger Sie von mir hören, desto besser.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2016)

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