EU-Kommission stellt Regeln für Umgang mit Uber und Airbnb vor

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Taxi-App und Zimmervermieter. Brüssel will Online-Plattformen vor nationalstaatlicher Willkür schützen.

Brüssel. Sie gelten wahlweise als die Zukunft der Ökonomie oder als Totengräber der regulären Arbeitsverhältnisse – die Rede ist von jenen digitalen Marktplätzen wie Uber oder Airbnb, die ihr Geschäft mit der Vermittlung von Dienstleistungen (in den zwei genannten Fällen sind es Autofahrten und Ferienunterkünfte) an Privatkunden machen. Die sogenannte Plattformökonomie (Sharing Economy) ist derzeit zwar noch überschaubar, wächst aber rasant: Schätzungen zufolge generierten Online-Plattformen in der EU im Vorjahr einen Umsatz von rund 28 Milliarden Euro – und haben sich damit im Vergleich zu 2014 nahezu verdoppelt.

Für die EU-Kommission, die stets auf der Suche nach unausgeschöpften Wachstumsmöglichkeiten ist, bietet die kollaborative Wirtschaft große Chancen für die Mitgliedstaaten der Union. Am gestrigen Donnerstag legte die Brüsseler Behörde dar, wie sie dieses Wachstum in gelenkte Bahnen lenken will. Die Mitteilung der Kommission ist keine neue Gesetzesinitiative, sondern dient als Richtschnur für die EU-Hauptstädte im Umgang mit den Neuankömmlingen auf dem Binnenmarkt – derzeit werden die digitalen Marktplätze nämlich, je nach Mitgliedstaat, unterschiedlich behandelt. Während beispielsweise Paris die Vermietung von Appartements an Besucher mittels Airbnb gestattet (mit einer Obergrenze von maximal 120 Tagen pro Jahr), drohen potenziellen Airbnb-Vermietern in Berlin Höchststrafen von bis zu 100.000 Euro, sofern sie eine ganze Wohnung und nicht nur ein Zimmer im eigenen Domizil vermieten. Der private Taxidienst Uber wiederum ist in der französischen Hauptstadt tabu.

Kampf gegen Windmühlen

Nach Ansicht von Elżbieta Bieńkowska und Jyrki Katainen, die in der EU-Kommission für die Bereiche Industrie und Beschäftigung zuständig sind, sollten Blankoverbote nur in Extremfällen eingesetzt werden. „Es gibt sehr viele kreative Menschen in Europa, die großes Potenzial haben“, sagte Katainen gestern bei der Vorstellung der Richtlinien – die für die EU-Mitglieder freilich keine rechtlich bindende Wirkung haben. Die Brüsseler Behörde betrachtet nationale Behinderungsversuche allerdings seit Längerem als Kampf gegen Windmühlen: So hat Bieńkowska im November des Vorjahres die Ablehnung von Airbnb, Uber und Co. mit dem Widerstand gegen die Einführung des Buchdrucks im Mittelalter verglichen.

Nach Vorstellung der EU-Kommission dürfen die Mitgliedstaaten nicht alle privaten Dienstleister über einen Kamm scheren, sondern müssen zwischen Vollzeit-Anbietern und gelegentlichen Chauffeuren, Vermietern etc. unterscheiden – vorausgesetzt, alle Beteiligten entrichten die vorgeschriebenen Steuern und Gebühren. Die einzige potenzielle Schwachstelle ortet die Kommission im Bereich der Mehrwertsteuer – wobei die meisten Dienstleister ihrer Ansicht nach nicht genug Umsatz machen, um eine Registrierung zu benötigen.

Das bedeutet auch, dass Teilzeitanbieter keine unverhältnismäßigen Auflagen hinsichtlich Konsumentenschutz erfüllen sollen. Die Betreiber der digitalen Vermittlungsbörsen sollen nur für jene Dienstleistungen haften, die sie selbst erbringen – also beispielsweise für die korrekte Abwicklung der Zahlungen. Eine Pflicht zur Lizenzierung liegt nach Ansicht der Brüsseler Behörde nicht vor, sofern die Plattform lediglich Anbieter und Kunden zusammenbringt.

Frei oder beschäftigt?

Etwas weniger Freude dürften die Online-Vermittler mit der Position der EU-Kommission hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Stellung ihrer Nutzer haben: Sie sieht diesbezüglich die nationalen Behörden am Zug – von Brüssel gibt es (abseits der europäischen Mindestsozialstandards) keine Empfehlung, ab wann ein Dienstleister als Beschäftigter einer Plattform zu gelten hat. In Mitgliedstaaten mit engen rechtlichen Spielräumen müssen Unternehmen wie Uber also auch künftig mit Problemen rechnen – die US-Firma wehrt sich bekanntlich dagegen, dass die von ihr vermittelten Chauffeure als reguläre Arbeitnehmer eingestuft werden.

Die Brüsseler Behörde will die EU-Verträge künftig anhand der gestern veröffentlichten Leitlinien interpretieren.

WKÖ warnt vor Scheinlösung

Die Wirtschaftskammer Österreich zeigt sich skeptisch hinsichtlich der veröffentlichten EU-Leitlinie. Es gäbe keine "klare Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Vermietern und die damit verbundene Fairness bei Auflagen und Bürokratie". Es müssen die selben Spielregeln für vergleichbare Angebote gelten. 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2016)

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