Der Arzt, dessen Vertrag im Otto-Wagner-Spital nicht verlängert wurde, ortet eine politisch motivierte Kündigung und klagt die Stadt Wien auf Wiedereinstellung.
Wien. Am Freitag startet im Wiener Arbeitsgericht der von Gernot Rainer angestrebte Prozess gegen die Stadt Wien (MA 2). Der Lungenfacharzt, dessen Ende April ausgelaufener Vertrag im Otto-Wagner-Spital nicht verlängert wurde, wie „Die Presse“ exklusiv berichtet hatte, will erreichen, dass diese Entscheidung rückgängig gemacht und er weiterhin – unbefristet – beschäftigt wird.
Sein Anwalt, Christoph Völk von der Kanzlei Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte, begründet die Forderung unter anderem damit, dass sich Rainer de facto bereits in einem unbefristeten Dienstverhältnis mit der Stadt befunden hat. 2013, als er schon Facharzt war und einen Antrag auf eine unbefristete Stelle hätte stellen können, habe man ihm nahegelegt, erst die Weiterbildung zum Intensivmediziner zu absolvieren und den Antrag dann zu stellen.
Also habe er davon ausgehen müssen, dass sein Vertrag verlängert wird, die Nichtverlängerung sei daher diskriminierend, und zwar aufgrund seiner Weltanschauung. Denn Rainer hatte vor mehr als einem Jahr die Ärztegewerkschaft Asklepios mit österreichweit rund 1800 Mitgliedern gegründet und wiederholt Kritik an Personal- und Leistungsreduktionen durch den Krankenanstaltenverbund (KAV) geübt.
Mitte Februar wurde ihm schließlich mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht verlängert wird. Mit der Begründung, er habe bei der „Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt Wien und mit jenen der Dienststelle“ eine „ausdrücklich negative Beurteilung“. Für Unverständnis sorgte diese Entscheidung vor allem deshalb, weil Rainer fachlich ausgezeichnet benotet wurde.
„Harter Schlag gegen mich“
Der KAV wollte den Prozessbeginn auf Anfrage der „Presse“ nicht kommentieren. Als einen „harten Schlag sowohl gegen mich als Person als auch auch gegen die Idee einer eigenen und parteipolitisch unabhängigen Gewerkschaft“ bezeichnet Gernot Rainer seine „politisch motivierte Kündigung“. Es müsse möglich sein, sich für Veränderungen einzusetzen, ohne „schwersten Repressalien“ ausgesetzt zu werden. „Die Arbeitsbedingungen für angestellte Ärzte verschärfen sich zusehends. Am Beispiel Wien sieht man einen rigorosen Sparkurs zulasten des Personals und der Patienten“, sagt Rainer. „Allein heuer sollen noch 24 Millionen Euro eingespart werden, bis 2030 sollen es mehr als 800 Millionen sein – durch Deckelungen von Überstunden, Dienstpostenreduktionen und die Einführung einer Rufbereitschaft.“
Schon jetzt könne bei verkürzter Arbeitszeit der Regelbetrieb kaum gewährleistet werden. „Die Verantwortung liegt bei der Gesundheitspolitik, die die Bevölkerung über reduzierte Leistungen informieren muss. Ein Abwälzen auf Spitalspersonal ist weder moralisch noch juristisch tragbar.“ (kb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2016)