#Gategate

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Vom Wassertorskandal blieb nur das Tor übrig, das öffnet sich dafür heute fast schon überall.

Angefangen hat alles mit dem Wassertor. Was für ein seltsamer Name, meinen Sie? Korrekt. Hätte vor ein paar Hundert Jahren irgendjemand des Nachts versucht, im Tower of London Abhörgeräte zu installieren, würde der Name vielleicht auf das dort befindliche St. Thomas's Gate zurückgehen – oder eben Water Gate, wie es ebenfalls genannt wurde. Nur waren Wanzen damals dort maximal in den Betten zu finden und eigneten sich nicht zur elektronischen Überwachung des politischen Gegners. Und so bezieht man sich eben auf den Watergate-Gebäudekomplex in Washington, D.C., wenn von einer Affäre die Rede ist. Weil es dort in den 1970er-Jahren halt ein paar Missbräuche von Regierungsvollmachten gegeben hat, ein bisschen Ausspionieren und so. Wassertorskandal! Und alle nicken wissend. Nur, dass man es mit dem Wasser dann nicht einfach sein ließ, sondern das Gate als Suffix für alles entdeckte, das irgendwie ein bisschen dings ist.

Da wurde eine Spendenaffäre eines ehemaligen deutschen Bundeskanzlers zum Kohlgate gemacht. (In Deutschland spricht man das englische Gate übrigens Ga-Te aus, aber das wissen Sie ohnehin aus der Fernsehwerbung.) Ein Busenblitzer von Janet Jackson wurde zum Nipplegate hochgejazzt (warum sagt man in diesem Zusammenhang eigentlich das deutsche „jatzt“ statt des englischen „dschessd“?). Und die Vorgänge rund um gefälschte Abgastests bei VW wanderten unter dem Schlagwort Dieselgate in die Lexika des aktuellen Geschehens. Heute muss ein Vorgang noch nicht einmal geschehen sein, schon finden findige Gatekeeper, dass das Gate noch nicht weit genug geöffnet ist und basteln ein lustiges neues Gate. Das gate mir schon ein bisschen auf die Nerven. Immerhin kann man mittlerweile fast schon von einem Gategate sprechen.

Und weil Gate in seiner ursprünglichen Bedeutung Tor bedeutet, wird es bei der Fußball-EM sicher auch ein Torgate geben. Vermutlich von einem Goalgater.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2016)

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