Koalitionsstreit: Wenn der Roboter Steuern zahlt

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Kanzler Kern will eine Maschinensteuer, Vize Mitterlehner lehnt sie ab. Doch was steckt eigentlich hinter der Idee, die einst schon SPÖ-Minister Dallinger durchsetzen wollte?

Wien. Als der einstige SPÖ-Sozialminister Alfred Dallinger in den 1980er-Jahren eine Maschinensteuer forderte, war diese zum Scheitern verurteilt. Ein Alleingang Österreichs hätte dafür gesorgt, dass die Unternehmen ins Ausland abwandern. Und doch war das Problem, das Dallingers Idee zugrunde lag, nicht von der Hand zu weisen. Wenn die Arbeit, für die man früher Mitarbeiter benötigte, immer mehr von Maschinen verrichtet wird, sinken die Beiträge für die Sozialversicherung. Denn diese werden nur für die Arbeit von Menschen bezahlt, nicht aber für die Tätigkeit von Robotern.

Nun ist das Thema Maschinensteuer oder Wertschöpfungsabgabe, wie sie in Fachkreisen genannt wird, wieder da. Der neue SPÖ-Kanzler Christian Kern erklärte beim roten Landesparteitag am Samstag in Klagenfurt, dass er sich diese Abgabe zusätzlich zur Lohnsteuer vorstelle. Zudem forderte er eine Arbeitszeitverkürzung, ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner widersprach prompt. „Wer glaubt, dass der Wirtschaftsstandort Maschinensteuern statt Entlastungen oder Arbeitszeitverkürzung statt -flexibilisierung braucht, wird nicht richtig liegen“, sagte Mitterlehner bei der Eröffnung des Bundeskongresses der Jungen ÖVP am Wolfgangsee.

Das Problem, dass die Einkommen für Sozialversicherung sinken, könnte freilich noch akuter werden. Im Zuge der Digitalisierungswelle dürften weitere Jobs verloren gehen. Man denke etwa an Supermärkte, in denen Kunden zunehmend selbst an der Kassa hantieren und kein Kassier mehr zum Einsatz kommt. Nur für einen menschlichen Kassier würden aber Sozialversicherungsabgaben fällig werden. Im Falle einer Maschinensteuer würde es hingegen auch Abgaben auf die Wertschöpfung geben, die die Kassiermaschine für das Unternehmen erzielt. Dasselbe würde für jedes Produkt gelten, das eine Firma herstellt.

Die Debatte um eine Wertschöpfungsabgabe taucht alle paar Jahre wieder auf. So hatte etwa Mitterlehner im Jahr 2005 als Wirtschaftskammer-Generalsekretär erklärt, dass die Sozialpartner Überlegungen anstellten, mit denen die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung verbreitet werden soll. Und dass man „alle Varianten“ , auch wertschöpfungsbezogene Elemente, vorbehaltlos diskutieren wolle. Das könnte etwa auch Sozialversicherungsbeiträge auf Pachten und Mieten bedeuten, hieß es damals.

Der Begriff der Wertschöpfungsabgabe ist also ein weiter und muss nicht nur Maschinen umfassen. Das Problem, dass die Abgabe eine Belastung für den Standort sein kann, bleibt aber bestehen. So reagierte man seitens der Wirtschaft auch irritiert auf den Vorschlag des Kanzlers. Die Idee klinge mehr nach „Old School“ denn nach „New Deal“, hieß es am Wochenende aus Industriekreisen.

Wer wird Rechnungshof-Chef?

Schlichten müssen SPÖ und ÖVP dieser Tage auch den Streit um die Frage, wer Rechnungshofpräsident wird. Acht Kandidaten, von den verschiedenen Parlamentsparteien nominiert, rittern um das Amt. Der scheidende Rechnungshofpräsident, Josef Moser, gab am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ keine Empfehlung für seine Nachfolge ab. Zum Abschied will er aber ein Positionspapier mit 1070 Empfehlungen hinterlassen. (aich/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2016)

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