Ungarn, Portugal und Island präsentierten sich in den Testspielen vor der Euro in unterschiedlicher Verfassung. Islands Teamchef, Lars Lagerbäck, verfolgt Marcel Kollers Linie.
Wien. Testspiele können immer aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Bei Gegnern können sie Hoffnung nähren oder Ehrfurcht hervorrufen. Österreich benötigt zum EM-Auftakt gegen Ungarn am Dienstag eine gehörige Leistungssteigerung. Doch wie agierten die Gruppengegner im EM-Vorfeld? Ein Überblick.
1 Ungarn: Eine Abwehrmauer als Prunkstück
Österreichs Auftaktgegner Ungarn (14. Juni, Bordeaux) qualifizierte sich via Play-off für die EM. Hinter Nordirland und Rumänien belegten die Magyaren in ihrer Qualifikationsgruppe Rang drei, in den Entscheidungsspielen wurden die leicht favorisierten Norweger (1:0, 2:1) eliminiert. Ungarn qualifizierte sich damit zum dritten Mal und erstmals seit 34 Jahren für eine Europameisterschaft.
Im laufenden Kalenderjahr absolvierte der Weltranglisten-20. nur drei Testspiele. Gegen Kroatien (1:1) und die Elfenbeinküste (0:0) reichte es immerhin zu einem Unentschieden, bei der Generalprobe unterlag die von Bernd Storck trainierte Mannschaft Weltmeister Deutschland 0:2. Die Ungarn vertrauen auf eine starke und kompakte Defensive, durch die eher destruktive Spielweise erspielt man sich zumeist jedoch eher wenige Torchancen. In zehn Qualifikationsspielen erzielten die Ungarn nur elf Tore.
2 Portugal: Ronaldo und Co. als Wundertüte
Im zweiten Vorrundenspiel trifft Österreich am 18. Juni (21 Uhr) im Prinzenparkstadion zu Paris auf Portugal. Die Südeuropäer sind der erklärte Favorit in Gruppe F, nicht nur aufgrund der Qualitäten von Cristiano Ronaldo. Portugal ist Dauergast bei Großereignissen, einzig auf den großen Titel wartet man immer noch vergeblich. In der Qualifikation für Frankreich agierten die Portugiesen ausgesprochen souverän, von acht Spielen wurden sieben gewonnen. Der Zweitplatzierte Albanien, ebenfalls EM-Teilnehmer, wurde um sieben Punkte distanziert.
Teamchef Fernando Santos – er betreute zuvor vier Jahre das griechische Nationalteam – ließ nach der Qualifikation fleißig testen. Die Ergebnisse waren durchwachsen: 0:1 vs. Russland, 2:0 vs. Luxemburg, 0:1 vs. Bulgarien, 2:1 vs. Belgien, 3:0 vs. Norwegen, 0:1 vs. England, 7:0 vs. Estland. Portugals Equipe entpuppte sich also als kleine Wundertüte. Erst am Mittwochabend tankte die Seleção allerdings kräftig Selbstvertrauen. Beim Schützenfest gegen Estland trug sich Ronaldo bis zu seiner Auswechslung in der Halbzeit zwei Mal in die Schützenliste ein. Neben dem dreimaligen Weltfußballer glänzte auch das einstige Supertalent Ricardo Quaresma mit einem Doppelpack.
3 Island: Der Qualifikationszauber ist verflogen
Island war neben Nordirland die größte Sensation in der Qualifikation. Tschechien, die Türkei und die Niederlande wurden allesamt bezwungen, ganz Fußball-Europa staunte über die Leistungen der Inselkicker. Einen großen Anteil am Erfolg hatte Teamchef Lars Lagerbäck. Der Schwede brachte viel Know-how mit nach Island, immerhin konnte er auf mehrere Endrunden-Teilnahmen mit seinem Heimatland verweisen.
Und dennoch, der „Zauber der Qualifikation“ scheint verflogen, wie die Testspielbilanz (drei Siege, sechs Niederlagen) vor der Euro belegt: 2:4 vs. Polen, 1:3 vs. Slowakei, 1:0 vs. Finnland, 1:2 vs. Vereinigte Arabische Emirate, 2:3 vs. USA, 1:2 vs. Dänemark, 3:2 vs. Griechenland, 2:3 vs. Norwegen, 4:0 vs. Liechtenstein. Lagerbäck suchte einen ähnlichen Weg der Kommunikation wie Koller, am 22. Juni (18 Uhr) treffen sich deren Mannschaften zum abschließenden Vorrundenspiel im Stade de France. „Ich mache mir keine Sorgen. Die Mannschaft hat einen tollen Charakter und wird in Frankreich eine andere Leistung zeigen“, versicherte Lagerbäck.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2016)