Public-Viewing-Test: Da lässt es sich gut Fußball schauen

FUSSBALL-EM 2016: PUBLIC VIEWING AM RATHAUSPLATZ IN WIEN
FUSSBALL-EM 2016: PUBLIC VIEWING AM RATHAUSPLATZ IN WIENAPA/HANS PUNZ
  • Drucken

Mit der EM beginnt in Wien auch wieder das große Public Viewing. Ein Überblick über die besten Plätze – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Zwei Männer laufen aufeinander zu, umarmen sich, klopfen sich kumpelhaft auf die Schulter und rufen: „Endlich!“ Nein, das ist keine Szene auf einem Bahnhof oder nach einem Tor, das in Frankreich geschossen wurde. Die zwei Herren haben mit ihrem Freudentanz nicht nur den Feierabend am Freitagabend eingeläutet, sondern den Beginn der heiß ersehnten Fußball-Europameisterschaft. Die beiden haben sich für das kollektive Fußballschauen – oder Public Viewing, wie man das nun nennt – den Rathausplatz ausgesucht.

Fan-Arena auf dem Rathausplatz.

Dieser sieht derzeit fast so aus wie beim alljährlichen Filmfestival. Nur dass hier eben vor der 100 Quadratmeter großen Leinwand keine Sessel mehr stehen, sondern die Besucher auf dem Asphalt Platz nehmen. Beim Eröffnungsspiel Frankreich gegen Rumänien sind nur sehr wenige Menschen mit Fußball-T-Shirts oder Fahnen ausgestattet. Eine kleine Gruppe rumänischer Fans hält vorn die Stellung. Während des Spiels wird aber schnell deutlich, dass es hier mehr Frankreich-Fans gibt.

Der Rathausplatz ist kein schlechter Ort, um Fußball zu schauen. Es gibt viel Gastronomie – vom Fischrestaurant Kornat über französische Küche vom Le Salzgries bis zu Steaks aus dem Hause Flatschers. Sogar das Schwarze Kameel ist mit einem Stand im Park vertreten. Neben dem Haupttrakt der Fan-Arena, wie es hier offiziell heißt, gibt es links und rechts davon bei den beiden Brunnen lauschige Plätzchen, inklusive Gartenmöbel, Hollywood-Schaukel und Pavillons.

Lange Schlangen vor den Getränke- oder Essensständen gibt es hier nicht. Ottakringer Bier wird um 3,10 bzw. 4,10 Euro verkauft. Selbst bei der Becherrückgabe bekommt man eine Rechnung ausgehändigt. Eigene Mitarbeiter sind dazu da, um die vielen Aschenbecher, die bei jedem noch so kleinen Tisch aufgestellt sind, auszuleeren.

Strandbar in Aspern.

Die EM spürt man in der Stadt nicht nur entlang der Ringstraße – etwa im Kursalon Wien –, sondern auch weit außerhalb: In Aspern hat die Strandbar Herrmann erstmals einen Public-Viewing-Ableger aufgezogen. Gleich neben der U2-Station Aspern Nord zwischen Hügeln, grauer U-Bahn-Station-Architektur und der Seestadt samt Baukränen als Kulisse.

Aspern
AspernMirjam Marits

Dort ist es wesentlich besser besucht, als man bei der Hinfahrt mit der U2 erwartet – von der Seestadt sieht man gruppenweise Menschen hinspazieren. Über Felder zum Großevent: Hat man so in Wien auch noch nicht oft erlebt. Hier sitzt, wer früh(er) gekommen ist – donaukanalerprobt –, in Liegestühlen. Für die anderen gibt es ausreichend Heurigenbänke und -tische. Vor Spielbeginn findet man auch als Gruppe – das Publikum sehr heterogen: Jungfamilien, ältere Gruppen, Studenten – noch Platz, mit dem Anpfiff wird es sehr gut besucht, aber nicht überrannt. Die Schlange bei den Foodtrucks (Indisch, Burger, Crêpes): überschaubar. Vor den Klos: detto.

Die drei großen Leinwände liefern gestochen scharfe Bilder, sogar bei Tageslicht. Nein, da gibt es nichts zu meckern. Außer, dass ein Strandbar-Charakteristikum, der Sand, fehlt. Und dass die Heimfahrt ziemlich lang wird.

Inoffizielle Fanmeile Donaukanal.

Als eine Art inoffizielle Fanmeile widmet sich auch der Donaukanal der EM. Auf beiden Uferseiten von der Grellen Forelle über die Summerstage bis zum Tel Aviv Beach sieht man den Fußballrasen von Bildschirmen flimmern. An manchen Orten wird mit sehr viel Euphorie geschaut, wie in der sehr überlaufenen Strandbar Herrmann. Hierher kommt, wer viel Zeit hat, um Plätze zu reservieren, und die EM als kollektives, lautes Mitfiebern erleben will.

Eher nebenher läuft die EM am Ufer beim Badeschiff, in den Pop-up-Lokalen von Pub Klemo bis Gschupfter Ferdl. Hier nach Anpfiff einen Platz zu bekommen ist fast unmöglich, auch wenn viele Gäste eher wegen des Essens hier zu sein scheinen. Auf dem Badeschiff selbst ragt eine riesige Leinwand auf dem Deck (auch hier: Liegestühle), groß genug, damit vorbeikommende Spaziergänger einen Blick darauf werfen können.

Konzentrierter wird im Flex Fußball geschaut – auch wenn man sich ein bisschen eingeengt fühlt, durch die unhübschen Trennwände zwischen Flex-Garten und Gehweg am Kanal. Dicht an dicht sitzt man hier in sehr langen Reihen und fast im Dunkeln.

Donaukanal
DonaukanalMirjam Marits

Flirten im Wuk.

Auch im Wuk auf der Währinger Straße wird Fußball geschaut. Das Publikum ist dort wie immer: Junge Erwachsene zwischen 20 und 40, eher alternativ und recht international. Es gibt nicht einfach Hotdogs, sondern sogenannte Kimobodogs. Das sind Hotdogs mit Känguru-Wurst oder veganer Füllung – dazu gibt es Toppings wie Mangosalsa, karamellisierte Zwiebeln oder Rotkraut. Mit 6,90 Euro überteuert, aber wirklich gut.

Auffällig ist, dass hier mindestens so viele Frauen wie Männer die EM verfolgen. Es wird heftig geflirtet – bei gutem Wetter im Hof auf grünem Kunstrasen, sonst in der Halle. Das Wuk-EM-Quartier steht unter der Schirmherrschaft des Senders FM4. Gemeinsam mit Ottakringer wurde ein EM-Bier gebraut (India Pale Ale). Die Spiele werden über große HD-Fernseher und Leinwände übertragen, die Sicht ist gut. Bei den Österreich-Spielen und ab dem Achtelfinale gibt es ein Programm mit DJs. Hier ist es recht gemütlich, und der Eintritt ist – wie bei allen Public Viewings – frei.

Public Viewing

Fan-Arena auf dem Rathausplatz: täglich von 11 bis 24 Uhr. 28 Gastronomiestände, 100-m2-Leinwand und fünf Screens www.wien-event.at/
fan-arena

Public Viewing Aspern Nord U2:täglich 13 bis 24 Uhr, aspern-seestadt.at

Donaukanal:
Strandbar Herrmann, täglich ab 13 Uhr, strandbarherrmann.at

Badeschiff,
täglich ab 10 Uhr, www.badeschiff.at

Flex-Garten, flex.at

Summerstage, täglich ab 14 Uhr,
summerstage.at

FM4-EM-Quartier Wuk: Währinger Straße 59, 1090 Wien, täglich ab 15 Uhr, www.wuk.at

Sand in the City: Lothringerstraße 22, 1030 Wien (U4 Stadtpark), täglich 14 bis 24 Uhr www.sandinthecity.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

FANS IN WIENER FANZONE
Wien

Public Viewing: Wo Wien zur Euro-2016-Fanzone wird

In der Masse vor dem Rathaus, am Kanal oder intimer in Beiseln: auch die Fußball Europameisterschaft 2016 wird zum Straßenfest.
EM im Stammbeisl: Fußball-Kolumnist Jürgen Pucher im Anzengruber
Wien

Wo Fußballkenner die EM sehen

Im Stammbeisel, im Flex und die wichtigen Spiele konzentriert daheim vorm Fernseher: Wie Fußballexperten die Euro verfolgen. Eine kleine Profi-Anleitung zum Start der EM.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.