Kern kritisiert den Koalitionspartner ÖVP

Christian Kern
Christian KernDie Presse/Clemens Fabry
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Der Bundeskanzler sieht "großen Verbesserungsbedarf" bei der Abstimmung der Regierungslinie, vor allem in der Flüchtlingspolitik. Er verteidigt Pläne für eine Maschinensteuer und ist "selbstverständlich" für Vermögensteuern.

Neuer Stil in der rot-schwarzen Regierungsarbeit? Für Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern ist die Koalition von dem von ihm zum Amtsantritt ausgegebenen Ziel weit entfernt. Am Samstag beklagte er im „Mittagsjournal“ im ORF-Radio: „Da haben wir großen Verbesserungsbedarf.“ Gleichzeitig machte er deutlich, dass er den Bedarf nach einer besseren Abstimmung der Regierungslinie vor allem beim Koalitionspartner ÖVP sieht, wobei Kern speziell jüngste Forderungen nach Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik ins Visier nahm.

Konkret ging der Kanzler zu drei Vorstößen der vergangenen Tage von ÖVP-Regierungsmitgliedern auf Distanz. So hat sich Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Konflikt um die Rückführung von Flüchtlingen wegen des Widerstands von Ungarn an die EU-Kommission gewandt. Das sei nicht in der Regierung besprochen worden, so Kern. Dass Sobotka beim Treffen der EU-Innenminister Internierungslager für im Mittelmeer gestrandete Flüchtlinge auf einer Insel vorgeschlagen hat, habe er nur in einer Pressemeldung gelesen. Außerdem bekräftigte der SPÖ-Chef seine Absage an ein australisches Modell für Flüchtlinge.

Der Regierungschef hält seinerseits trotz des Aufschreis der Wirtschaft an Plänen für eine Maschinensteuer oder Wertschöpfungsabgabe fest. Bei dieser wird die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmens statt wie bisher die Lohnsumme als Basis für die Sozialbeiträge herangezogen. Kern fühlt sich freilich missverstanden und möchte von einem „Beschäftigungsbonus“ für Firmen mit hohem Personaleinsatz sprechen. Dies wäre etwa für die Voestalpine günstiger, meinte er.


Bekenntnis zu Wrabetz. Ob er auch für Vermögensteuern sei? „Ja, selbstverständlich.“ Nachsatz: „Das Plädoyer lautet nicht: Erhöhen wir die Steuern, sondern verteilen wir sie gerechter.“

Ein „ganz klares“ Plädoyer gab SPÖ-Chef Kern für die Wiederwahl von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ab. Einen Deal mit der ÖVP bestritt er jedoch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2016)

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