Separatismus: Der Traum vom eigenen Staat

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Europa der Regionen? Die EU fördert Regionalisierung. Unterstützt sie so Unabhängigkeitsbestrebungen? Separatismus von Südtirol und Norditalien, Korsika, dem Baskenland und Katalonien bis Flandern und Schottland.

Was will die baskische Separatistenorganisation ETA (Euskadi Ta Askatasuna, baskisch für Baskenland und Freiheit) mit ihrer Bombenserie erreichen? Sie hofft wohl darauf, Madrid zu neuen Verhandlungen über die Zukunft des Baskenlands zwingen zu können. Die spanische Regierung ist freilich strikt gegen solche Verhandlungen. Die einzig mögliche Lösung aus Sicht der spanischen Regierung: den ETA-Aktivisten das Handwerk zu legen.

Die ETA zielt nun auf den Lebensnerv der Mallorquiner: Der Tourismus ist die Lebensgrundlage der Insel, und Terrorangst verträgt sich nicht mit unbeschwertem Inselurlaub.

Die ETA ist freilich nicht die einzige militante Separatistenorganisation in Europa. Auch die IRA, aber auch die korsische Frontu di Liberazione Naziunale Corsu (Nationale Befreiungsfront Korsika) griffen in der Vergangenheit zu Gewalt, um ihre separatistischen Ziele zu verfolgen. Paradoxerweise führt das Zusammenwachsen Europas zu einer Stärkung separatistischer Organisationen, die sich auf ein auch von der EU propagiertes „Europa der Regionen“ berufen.

Wer sind die Basken? Sie besiedelten das Grenzgebiet zwischen Frankreich und Spanien, ihre Sprache Baskisch ist isoliert, eine Verwandtschaft zu anderen Sprachgruppen besteht nicht. In Spanien, das erst 1479 unter dem Königspaar Isabella von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón zu einem Staat vereinigt wurde, besaßen die Basken lange Zeit Sonderrechte, die aber immer mehr beschnitten wurden, da Spanien sich zu einem zentralistischen Staat entwickelte. Im republikanischen Spanien erhielten die Basken ein Autonomiestatut, das ihnen der faschistische Diktator Franco wieder entzog. Daraufhin begann die ETA ihren Widerstand gegen den Franquismus, den sie gegen das heutige demokratische Spanien fortsetzt, obwohl das heutige Autonomiegebiet offiziell zweisprachig ist.

Die Katalanen verstehen sich ebenfalls als eigene Nationalität innerhalb Spaniens, die Region verfügt über ein hohes Maß an Autonomie – die Mehrheit der Katalanen ist aber gegen die Unabhängigkeit von Spanien.

Frankreich: Brennpunkt Korsika

Die Regierung im Nachbarland Frankreich ist nicht nur mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der Basken konfrontiert, auch die Korsen wehren sich gegen die französische Dominanz. Auf der Insel wurden vor allem nach dem Algerienkrieg gezielt aus Algerien vertriebene und geflohene Franzosen angesiedelt, die Korsen wurden zur Minderheit auf der eigenen Insel. Die Frontu di Liberazione Naziunale Corsu (FLNC) hat immer wieder versucht, durch Bombenanschläge und Mord die Regierung zur Gewährung der Unabhängigkeit zu zwingen. Im Jahr 2000 stimmte Ministerpräsident Lionel Jospin im Rahmen des Prozesses von Matignon einer größeren Autonomie Korsikas im Gegenzug zu einem Ende der Gewalt zu.

Das Ende der Troubles

Der gewaltsamste separatistische Konflikt in Europa konnte hingegen gelöst werden: Gerry Adams von der irisch-nationalistischen Sinn-Féin-Partei initiierte gemeinsam mit dem Sozialdemokraten John Hume den Friedensprozess, im August 1994 erklärte die IRA einen einseitigen Waffenstillstand, der die Voraussetzung für das Karfreitagsabkommen schuf. Am 28.Juli gab die IRA die vollständige Entwaffnung bekannt – von 1968 bis 1998 waren insgesamt 3524 Menschen ums Leben gekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2009)

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