Kaum ein Tag vergeht ohne amerikanische Massenschießerei. Doch die Zahl der Opfer sank seit 1993 – mit Ausnahme der Selbstmorde.
Washington. Kein anderes Volk ist derart bewaffnet wie die Amerikaner, nirgendwo sonst gibt es so viele Tote und Verletzte durch den Einsatz von Schusswaffen. 4,4 Prozent der Weltbevölkerung leben in den USA, und ihnen gehören rund 42 Prozent aller von Privatpersonen besessenen Pistolen, Revolver und Gewehre. Seit dem Mord an 20 Volksschulkindern und sechs ihrer Lehrerinnen im Dezember 2012, also ziemlich genau seit Beginn der zweiten Amtszeit von Präsident Barack Obama, gab es 1001 Schießereien, bei denen zumindest vier Personen verletzt oder getötet wurden. Dabei wurden mindestens 1141 Menschen getötet und 3943 verletzt.
Allerdings ist die durch Schusswaffen verursachte Todesrate seit Anfang der 1990er-Jahre um fast ein Drittel gesunken. Die Wahrscheinlichkeit, in Amerika von einer Kugel getötet zu werden, ist noch stärker gesunken, hält das Pew Research Center fest: Allein in den Jahren 1993 bis 2000 hat sich die Rate der Mordopfer fast halbiert, von sieben auf 3,8 Morde und Totschlagsfälle pro 100.000 Personen. Die Zahl der Verletzten sank von 1993 bis 2014 noch stärker, nämlich von 725,3 auf 147,8 pro 100.000 Menschen. Allerdings stieg die Rate der Selbstmorde, nämlich von 6,3 auf 6,7 pro 100.000.
Obama mobilisierte Waffenfans
Befürworter und Gegner strengerer Waffengesetze halten sich heute ungefähr die Waage. Obamas Wahl zum Präsidenten vor acht Jahren hat die Waffenfans nachweislich mobilisiert, sie waren zuvor in der klaren Minderheit. Auch die Gründe für Waffenbesitz haben sich stark geändert: 1999 sagten 49 Prozent der Waffenbesitzer, es ginge ihnen um das Hobby Jagen, nur 26 Prozent nannten die persönliche Sicherheit. 2013 war es fast genau umgekehrt: 48 Prozent der Waffenbesitzer ging es um Sicherheit, nur 32 Prozent ums Jagen. (go)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2016)