Einbürgerung? So nicht!

(c) AP (Frank Augstein)
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Besondere Härte durch nachträgliche Änderungen.

Eine Naturwissenschaftlerin, spezialisiert im Bereich Naturkatastrophen, arbeitet jahrelang für eine internationale Organisation in Wien. Die auf einer karibischen Insel geborene Frau lebte von Kindheit an immer wieder in Österreich, aber auch in England und den USA.

„Ich liebe Wien. New York oder London sind mir viel zu stressig“, sagt sie. Nach zehn Jahren durchgehenden Aufenthalts, inklusive Meldezettel und Arbeit in Österreich, reicht sie ihre Unterlagen für die Staatsbürgerschaft ein – und wird vorerst abgelehnt. Begründung: Laut Behörde wäre sie 2006 eine Woche lang ohne Legitimationskarte gewesen.

Strengere Linie

„Während kürzere Unterbrechungen, die häufig den Wechsel zwischen verschiedenen Aufenthaltstiteln betrafen, bis 2006 noch zulässig waren, solange die Betroffenen ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatten, fährt der Verwaltungsgerichtshof seit Juni 2008 eine strenge Linie“, erklärt Rechtsanwalt Elmar Drabek, Staatsbürgerschaftsexperte bei Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte. „Inhaber von Legitimationskarten waren bisher nicht schlechter gestellt als andere Staatsbürgerschaftswerber.“ Das änderte sich nun.

Die Einreichung der Legitimationskarten im Außenministerium obliegt dem Arbeitgeber, der aber bis 2008 nichts von einer Entscheidungspraxis wissen konnte, die nicht einmal kürzeste Pausen zwischen der Gültigkeitsdauer der einzelnen Legitimationskarten zulässt. Unsere Migrantin wechselte zweimal innerhalb der riesigen Organisation, die ihre Arbeitsverträge nur für jeweils ein halbes Jahr hergibt, den Arbeitsplatz. Vielleicht hat eine Urlaubsvertretung in der Personalabteilung ihre Karte zu spät abgeschickt? Niemand wusste, dass das einmal wichtig werden würde.

Zahlreiche Angestellte internationaler Organisationen werden betroffen sein, vermutet Drabek, der in zwei weiteren Fällen für die Staatsbürgerschaft der Betroffenen kämpft. Da die Kosten für eine Beschwerde und ein mehrjähriges Musterverfahren das Budget eines Einzelnen übersteigen, müsste die Organisation nun dringend ihre Mitarbeiter schützen, falls diese auf Dauer in Österreich bleiben wollen. Die frustrierte Naturwissenschaftlerin will sich inzwischen Arbeit in den USA suchen – und Europa den Rücken kehren. kek

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2009)

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