Tourismus as usual – Bomben stören die Urlauber kaum

(c) AP (Christof Stache)
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Kaum ein Mallorca-Tourist storniert, solange keine Gäste zu Schaden kommen.

Wien (cim). Ein paar Bomben, die können die mallorquinischen Urlaubsfreuden scheinbar nicht trüben. Nur wenige Gäste stornieren ihre Reise, verunsichert sind die meisten aber doch. Solange nicht Touristen das Ziel von Anschlägen sind, hat Terror kaum einen Effekt auf den Fremdenverkehr.

Die Reiseveranstalter üben sich, wie in solchen Fällen üblich, in Gelassenheit: Der Betrieb laufe ungestört weiter, die Situation sei ruhig, heißt es. Beim Reiseveranstalter TUI habe es bisher nur ein paar einzelne Umbuchungen gegeben. Beim Verkehrsbüro sieht es ähnlich aus.

„Viele Urlauber haben von den Anschlägen nichts mitbekommen und sind erst von Angehörigen informiert worden, sagt TUI-Konzernsprecher Josef Peterleithner. „Solange nicht Menschen das Ziel der Attentate sind, geht der Tourismus ungestört weiter“, so Peterleithner. Das habe man schon in der Türkei oder bei Anschlägen am spanischen Festland beobachtet. Nur bei Bomben auf Hotels, bei denen Touristen sterben, bleiben die Gäste ein oder zwei Saisonen aus. Aber auch in solchen Fällen, wie in Ägypten, vergessen sie schnell. Seit der ersten Bombe auf Mallorca sind beim Last-Minute-Spezialisten ATS die Buchungen für die Balearen um etwa 20 Prozent zurückgegangen, sagt Suleiman Dado, ATS-Geschäftsführer. Einzelne Kunden hätten auch storniert. Er erwartet langfristige Einbußen für ganz Spanien, da Gäste auf andere Destinationen ausweichen.

„Die Leute verändern vielleicht ihr Verhalten auf der Insel, aber kaum jemand wird eine Reise stornieren“, meint Ulrich Reinhardt, Tourismusexperte des BAT-Zukunftsinstituts in Hamburg. Auch nach früheren Anschlägen hat sich das Reiseverhalten nicht verändert. „Die Urlauber betrachten die Situation sehr nüchtern und warten ab“, berichtet Radreise-Veranstalter Heinz Hechenberger. Viele sind besorgt, aber sie kommen trotzdem. Auch weil die Gäste ohne eine offizielle Reisewarnung des Ministeriums keinen Anspruch auf eine kostenlose Umbuchung oder kostenloses Storno haben.

Mit langfristigen Folgen rechnet der Mallorca-Spezialist nicht. Schließlich werden andere Destinationen, im arabischen Raum oder in Südamerika, die als gefährlich gelten, auch munter weiterbereist.

Bomben treffen zentralen Nerv

Dennoch fürchtet man auf Mallorca weitere Einbußen im wichtigsten Wirtschaftszweig. Immerhin stammen etwa 80 Prozent des BIP der Insel aus der Branche. Die Bomben könnten ein weiterer Schlag für den spanischen Tourismus sein. Denn die Zahl der ausländischen Gäste in Spanien ist schon im ersten Halbjahr 2009 um 11,4 Prozent zurückgegangen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2009)

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