Begehrter Pass eines fiktiven Landes

(c) Neue Kunst Slowenien
  • Drucken

Ein slowenisches Kunstprojekt mit falschen Pässen führte Hunderte in die Irre.

Da staunten die Mitglieder des slowenischen Malerkollektivs Irwin nicht schlecht, als über das Internet 2000 Bestellungen für eines ihrer Kunstprodukte einlangten. Der fiktive „Neue slowenische Kunstpass“, der für den virtuellen Staat „Hibernation. State in Time“ und als Persiflage zum Thema Nationalismus gedacht ist, wurde von 2000 Menschen aus der Stadt Ibadan in Nigeria bestellt.

Die Nigerianer hielten den Kunstpass um 24 Euro für ein reales Reisedokument. Ähnlich dem schwedischen Künstler Lars Vilks, für dessen nur einen Quadratkilometer großen Staat „Ladonia“ im Jahr 2003 plötzlich über 3000 Pakistani via Internet Einbürgerungsanträge stellten, mussten die slowenischen Künstler der Realität ins Auge schauen: Auf der Welt gibt es Menschen, die sich dringend einen europäischen Pass wünschen. Der europäische Kunstbegriff in diesem Projekt ist für sie in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar.

Wie aber die Passbestellungen stoppen? Momentan ist in der Kunsthalle Krems der Film zu sehen, in dem die Slowenen ihren neuen Staatsangehörigen erklären, dass sie mit dem Kunstpass nicht reisen können und sie auch kein Visum für Slowenien erhalten werden.

Die Enttäuschung ist den Menschen deutlich anzumerken, obwohl sie versuchen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und ihre Würde zu bewahren. Ihre Träume werden zerstört, der Kunstpass um 24Euro ist nur wertloses Papier – doch niemand verlangte sein Geld zurück. „Ihr gebt nur eine Identität und keinen Staat“, versucht eine Afrikanerin den „State in Time“ zu verstehen.

In Slowenien leben nur wenige Afrikaner. Damals, im ehemaligen Jugoslawien, studierten noch zahlreiche afrikanische Ärzte aus Kriegsgebieten hier den Holzprothesenbau – aber heutzutage gibt es nur mehr ein paar schwarze Fußballspieler, die nach einem Freundschaftsspiel gegen Gambia im Land geblieben sind.

„Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn in unser kleines Slowenien mit nur zwei Millionen Einwohnern 2000Afrikaner einwandern würden. Es gibt so wenige Slowenen“, sagt Irwin-Mitglied Miran Mohar bei der Vernissage der Ausstellung „Irwin. State in Time“ in der Kunsthalle Krems. „Aber da wären nicht alle einverstanden.“ Sein Kollege Dusan Mandic ergänzt: „Wir verfügen in Europa über 10.000 Bürger unseres ,Staates der Neuen Slowenischen Kunst‘. Damit sind wir zehnmal größer als der Vatikan, der nur 800 Einwohner hat.“

Andere Filme in der Ausstellung berichten aus anderen Kontinenten: Zufriedene NSK-Passbesitzer aus Taiwan erklären, dass sie nun Inhaber von zwei seltsamen Pässen seien, da der ebenfalls zumeist unbekannte taiwanesische Pass bei Grenzpolizisten anderer Staaten für Vergnügen sorge. 2010 wird in Berlin ein NSK-Kongress der NSK-Staatsbürger mit drei Delegierten aus Afrika stattfinden. Und Irwin plant, direkt in Ibadan in Nigeria eine künstlerische Botschaft zu eröffnen.

www.kunsthalle.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Einbürgerung? So nicht!

Besondere Härte durch nachträgliche Änderungen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.