Der ehemalige VfGH-Präsident betont, Dörfler hätte als Landeshauptmann die rechtlichen Rahmenbedingungen kennen müssen.
Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Karl Korinek kommentiert die publik gewordenen Argumente im Fall Gerhard Dörfler (BZÖ) als "unfassbar": "Das ist ein Widerspruch sondergleichen, wenn man sagt, er kann Rechts- und Unrechtsgehalt seines Handelns nicht beurteilen, und gleichzeitig macht man ihn zum Landeshauptmann", sagte Korinek am Donnerstag.
Korinek stößt sich bei den medial kolportierten Zitaten aus dem Vorhabensbericht der Klagenfurter Staatsanwaltschaft vor allem an der Antwort auf die Frage, ob Dörfler die Tragweite seines Handelns erkennen konnte. "Zu einer Beurteilung der Staatsanwaltschaft gehören zwei Komponenten - nämlich die objektive Seite, ob der Tatbestand erfüllt wird, und die subjektive Seite, ob man das dem Betreffenden auch anlasten kann. Ich hätte mir noch gefallen lassen, dass man über die objektive Seite diskutiert: Ist da Schaden entstanden?"
Diese Frage aber zu bejahen und den damaligen Landesrat dann nicht zu verfolgen, daran stößt sich Korinek: Zwar sei "die Regel, dass jeder Mensch alle Gesetze kennen muss, durch die Judikation eingeschränkt", räumt er ein. Aber: "Man muss die Gesetze kennen, die zum eigenen Lebens- und Arbeitsbereich gehören."
"Wenn es wahr ist, ist es unglaublich"
Dörfler war zum Zeitpunkt der Ortstafel-Verrückung Verkehrslandesrat, da seien "die Grenzen für seine Amtstätigkeit eine zentrale Frage" gewesen, so Korinek. Ob der Vorwurf, die Justiz würde prominenten und politischen Fällen eine Sonderbehandlung angedeihen lassen, zutrifft, könne er nicht beurteilen. "Wenn es wahr ist, ist es unglaublich und einfach indiskutabel."
Zur generellen Debatte über die Weisungskette in der Justiz merkt er an, dass bereits "die Ausgangsposition an sich höchst umstritten" sei. Konkret geht es ihm um das im Artikel 94 der Bundesverfassung festgehaltene Trennungsgebot zwischen Gerichtsbarkeit und Verwaltung (Gewaltenteilung). Ob dieses mit der StPO-Reform, durch die der Staatsanwaltschaft richterliche Aufgaben überantwortet wurden, ausgehebelt wurde, hatte schon im Vorfeld der Novellierung für Uneinigkeit unter Verfassungsexperten gesorgt. "Vielleicht sind die Staatsanwälte gar nicht mehr weisungsgebunden", meint Korinek. "Im Gesetz steht es, aber das könnte verfassungswidrig sein."
(APA)