Österreicher rechnen nicht mit Austritt

ÖGfE-Umfrage. Sollten sich die Briten dennoch gegen die EU-Mitgliedschaft entscheiden, erwartet eine Mehrheit negative Folgen sowohl für die Gemeinschaft als auch für Großbritannien selbst.

Wien. „Die Österreicher und Österreicherinnen erwarten, dass schlussendlich der britische Pragmatismus den Ausschlag für den EU-Verbleib geben wird. Zu schwerwiegend und zu riskant wären die Auswirkungen eines Brexit.“ So kommentiert Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag seiner Organisation. Laut dieser vergangene Woche durchgeführten Befragung erwarten 54 Prozent einen Verbleib Großbritanniens in der EU, nur 25 Prozent glauben an ein Votum für den Austritt. Der Rest war unsicher oder wollte keine Meinung abgeben.

Insgesamt sehen die Österreicher Großbritannien als wichtiges EU-Mitglied, dessen Austritt negative Folgen hätte. So waren 64 Prozent der Befragten der Ansicht, dass ein Brexit das weltpolitische Gewicht der EU verringern würde. Lediglich zehn Prozent rechneten mit einem größeren internationalen Gewicht der Union. Der Rest sah keine wesentlichen Auswirkungen. Wobei jene Teilnehmer an der repräsentativen Umfrage, die eigentlich an einen Verbleib Großbritanniens glauben, gleichzeitig negative Auswirkungen für die EU im Fall eines Brexit erwarten. Umgekehrt gaben jene, die mit einen Austritt rechneten, mehrheitlich an, dass dieser Brexit eher positive Auswirkungen haben werde. Dieses Detailergebnis deutet darauf hin, dass die Antworten in starkem Maß meinungsgetrieben waren und nicht einer sachlichen Bewertung entsprochen haben. Ähnlich war das Ergebnis bei der Frage nach den Auswirkungen auf Großbritannien selbst und dessen künftiger internationaler Bedeutung. Auch hier wurde vor allem mit negativen Auswirkungen (56 Prozent) gerechnet.

Deutlich wurde bei der Umfrage auch, dass die Österreicher und Österreicherinnen im Fall eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union mit einem Dominoeffekt rechnen. „Ein Brexit hätte das Potenzial, Austrittsbestrebungen in anderen Mitgliedstaaten weiter zu stärken“, ist auch ÖGfE-Generalsekretär Schmidt überzeugt. Insgesamt erwarteten 54 Prozent der Befragten, dass weitere Länder in Folge austreten könnten. 32 Prozent rechneten nicht damit (Rest: weiß nicht/keine Angabe).

Vergleich mit Österreich

In Österreich selbst sind laut einer ÖGfE-Umfrage vom Mai derzeit 31 Prozent für einen Austritt aus der EU. 60 Prozent unterstützen eine weitere Mitgliedschaft. Neun Prozent bezogen keine Stellung. Ähnlich wie in Großbritannien sind auch in Österreich die Jüngeren und höher Gebildeten für einen Verbleib in der Union, die Älteren und weniger Gebildeten hingegen für einen Austritt. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2016)

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