Hotspots in Griechenland glichen Zwangshafteinrichtungen, kritisiert die UNO. Viele Flüchtlinge leben dort schon monatelang ohne einen Asylstatus.
Außenminister Sebastian Kurz sorgte mit seinem Vorschlag, nach australischem Vorbild Internierungslager für Flüchtlinge auf griechischen Inseln zu errichten, EU-weit für Aufregung. Doch praktisch existiert diese Zwangsinternierung von Flüchtlingen in Europa bereits. UN-Mitarbeiter haben "eine Besorgnis erregende Zunahme von Inhaftierungen von Migranten in Europa beobachtet, darunter auch in den Hotspots" in Griechenland und Italien, kritisierte der UN-Menschenrechtsbeauftragte Zeid Ra'ad Al Hussein diese Woche.
Diese Registrierzentren seien "im Wesentlichen riesige Zwangshafteinrichtungen". Selbst unbegleitete Jugendliche würden in Gefängniszellen oder in mit Stacheldraht umzäunten Zentren untergebracht. Bisweilen bräuchten Behörden in manchen Ländern zwei Jahre, um den Asylstatus von Minderjährigen zu beurteilen. Zeid forderte die Europäische Union auf, die Inhaftierungen von Flüchtlingen statistisch zu erfassen. "Ich fürchte, diese Zahlen werden sehr schockierend sein."
Derzeit befänden sich nach Angaben der griechischen Regierung rund 8500 Asylsuchende auf den Inseln, berichtet das Ö1-Morgenjournal, davon 4000 auf Lesbos, 1200 auf Samos und 2600 auf Chios. Die Menschen müssen zur Registrierung und Abwicklung der Asylverfahren in die Hotspots und dürfen die Inseln danach nicht Richtung Festland verlassen.
Michael Chalupka, der Direktor der evangelischen Diakonie, habe den Befund der UNO über die Situation auf den Ägäis-Inseln bestätigt. In den als Gefängnissen gebauten Einrichtungen lebten einige Menschen schon monatelang. Das wohl auch, da die Umteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU nur schleppend vorangeht. Erst ein Prozent der vergangenes Jahr vereinbarten 160.000 Flüchtlinge sind innerhalb der Europäischen Union umgesiedelt worden.
Hunderte Asylberechtigte auf Lesbos
Allein auf der griechischen Insel Lesbos haben rund 800 Flüchtlinge in den vergangenen Wochen Asyl bekommen. Damit können sie nicht in die Türkei zurückgebracht werden, wie es der Flüchtlingspakt des Landes mit der EU vorsieht. Hintergrund ist, dass zahlreiche Asylrichter das Nachbarland als nicht sicheres Drittland einstufen.
In der Folge erhalten die Antragsteller Asyl in Griechenland, wie die Athener Zeitung "Kathimerini" am Mittwoch berichtete. Bei den Menschen, die Asyl erhielten, handle es sich überwiegend um Kranke oder Kinder und Frauen aus Syrien, die mit ihren Familien zusammengeführt werden sollen, wie die Zeitung weiter berichtete. Die Angehörigen lebten bereits in mittel- und nordeuropäischen Staaten.
Der EU-Türkei-Flüchtlingspakt sieht vor, dass alle Schutzsuchende, die nach dem 20. März 2016 aus der Türkei zu den griechischen Inseln übergesetzt haben, in die Türkei zurückgeschickt werden können. Zuvor können sie aber einen Asylantrag in Griechenland stellen. Auf den Inseln der Ägäis befinden sich zurzeit gut 8.000 Migranten.
(APA/dpa)