Hearing zu ORF-Chef? Für Kanzler "interessant"

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SP�-BUNDESPARTEIPR�SIDIUM UND VORSTAND: KERN(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Die Neos fordern, dass sich die Kandidaten für den Posten des Generaldirektors einem öffentlichen Heraring stellen. ORF-Chef Wrabetz ist bereit dazu.

Die umstrittene Kür der Rechnungshof-Präsidentin hat die Neos zu einem "Dringlichen Antrag" motiviert. Klubchef Matthias Strolz fordert darin, öffentliche Hearings auch bei der Wahl des ORF-Generaldirektors sowie bei der Besetzung des Verfassungsgerichtshofs durchzuführen. Dem Antrag stimmten aber nur Neos und die Grünen zu. Die SPÖ hatte in der Debatte, von Kanzler Christian Kern abwärts, in der Debatte durchaus Sympathien für mehr öffentliche Hearings gezeigt, die ÖVP äußerte sich  skeptisch.

Bei der Bestellung des Rechnungshof-Präsidenten hatte es in der Vorwoche erstmals eine öffentlich zugängliche Anhörung gegeben, der sich acht Kandidaten stellten. Die meisten Beobachter fanden Sektionschef Gerhard Steger am überzeugendsten, nach einem politischen Deal in der Koalition wurde jedoch die steirische Rechnungshof-Direktorin Kraker als einzige Kandidatin vom Hauptausschuss nominiert.

Am 9. August wird der Generaldirektor des ORF durch die Stiftungsräte gewählt. Zwar wünschen sich die Neos eine Reform mit einer Entparteipolitisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Da sich die aber nicht rechtzeitig ausgehen wird, empfiehlt man als ersten Schritt ein Kandidaten-Hearing, das auf ORF3 live übertragen werden soll. Ein Anrecht darauf hätten die Seher jedenfalls, finden die Neos, denn: "Der ORF gehört gleichsam den Gebührenzahlerinnen und -zahlern."

Geht es nach Strolz, sollen auch Verfassungsrichter vor ihrer Bestellung bei einer Anhörung ihre Kompetenzen beweisen müssen. Auch Hearings für Minister-Kandidaten fordern die Neos. Als Vorbild sollen die entsprechenden Befragungen der EU-Kommissionskandidaten durch das Europa-Parlament dienen.

Stiftungsrat: Reform, nicht Abschaffung

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) steht dem Vorschlag aufgeschlossen gegenüber. Dies sei ein "durchaus interessanter Vorschlag", meinte er. Kern ging davon aus, dass die SPÖ-Stiftungsräte die gleiche Position innehätten.

Eine Anhörung vor dem Stiftungsrat ist für die Kandidaten ja soundso vorgesehen. Das Gremium an sich, vom Neos-Chef als verlängerter Arm der Parteien geschildert, verteidigte Kern. Da säßen hervorragende Leute, "die im Leben schon etwas gesehen haben und denen man ein Urteil zutrauen kann".

Eine Reform des Stiftungsrats würde er begrüßen, da er mit 35 Mitglieder zu groß sei. Das Problem sei aber, dass der ORF einen föderalen Auftrag habe, wodurch die Länder berücksichtigt werden müssten, auch die Opposition repräsentiert sein solle und ebenso der Betriebsrat. Daher klinge eine Reform leichter, als sie dann auch umzusetzen wäre.

Offenheit signalisierte Kern in Sachen Hearings auch, was den Verfassungsgerichtshof angeht. Hier gebe es bei vom Parlament nominierten Vertretern bereits solch ein Prozedere, bei den anderen (von der Regierung ernannten) Richtern hingegen nicht. Hier müsste man eine einheitliche Vorgangsweise "in Erwägung ziehen".

Hearing kein "Allheilmittel"

Ein "Allheilmittel" ist für Kern solch eine Anhörung nicht. Auch der frühere Strabag-Chef und Neos-Förderer Hans-Peter Haselsteiner habe mich Sicherheit keinen einzigen Manager nach einem Hearing vor der Aktionärsversammlung bestellt, betonte der Kanzler in Richtung Strolz.

So hält der Kanzler dann auch nicht viel davon, Minister vor deren Bestellung einer Anhörung im Nationalrat auszusetzen. Dies würde zwar wahrscheinlich keinen Schaden anrichten, großen Nutzen sehe er aber auch nicht. Letztlich handle es sich bei der Besetzung um eine politische Entscheidung, die später in der Arbeit auch entsprechend bewertet werden könne.

Wrabetz: "Ich wäre dazu bereit"

ORF-Chef Alexander Wrabetz, der sich um eine dritte Amtszeit bewirbt, sieht den Vorschlag, ein Hearing abzuhalten, positiv. "Wie das im Rahmen des ORF-Gesetzes ermöglicht werden kann, müsste der Stiftungsrat festlegen", sagte Wrabetz im "Presse"-Interview. "Aber ich wäre dazu bereit, weil ich glaube, dass das für die Öffentlichkeit interessant sein könnte. Wir sind mit Verlaub mindestens so wichtig wie der Rechnungshof. Deswegen kann auch die öffentliche Diskussion darüber nur sinnvoll sein."

Die ÖVP bremst

Die ÖVP zeigte sich skeptisch gegenüber öffentlichen Hearings für Postenbesetzungen im staatsnahen Bereich. Diese wären immer nur eine "Momentaufnahme" und würden somit nicht ausreichen, um alle Kompetenzen ausreichend zu beurteilten, sagte Johann Singer. Er verwies auf mehrstufige Auswahlverfahren in Unternehmen.

Josef Cap (SPÖ) forderte hingegen die Neos auf, einen Initiativantrag zu den öffentlichen Anhörungen vorzulegen, dann könne man "versuchen, einen Konsens zu finden".

Positive Signale von FPÖ und Grünen

Seitens der FPÖ zeigte sich Parteichef Heinz-Christian Strache durchaus offen. Es wäre gut, Hearings für alle möglichen Bereiche zu überlegen, merkte er an. Auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig hält öffentliche Hearings für sinnvoll - etwa auch für Ministerbestellungen.

Eine Plädoyer für einen unabhängige Medienlandschaft und die "Befreiung" des ORF aus der "ex-monopolitischen Rolle" hielt Neos-Abgeordneter Niko Alm. Cap lobte mit Blick auf die im Sommer anstehende Neubestellung des ORF-Generaldirektors die Verdienste von Alexander Wrabetz - während Waltraud Dietrich (Team Stronach) den ORF als "Spielwiese der Macht" kritisierte.

(APA/Red.)

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