Bandion-Ortner: "Als Ministerin ist man wie Freiwild"

Bandion-Ortner
Bandion-Ortner(c) Michaela Bruckberger
  • Drucken

Ministerin Claudia Bandion-Ortner fühlt sich unfair behandelt: Die Einstellung des Amtsmissbrauchsverfahrens gegen Dörfler sei mangels Schadens korrekt gewesen. Medien sollten nicht selbst Politik betreiben.

Die Presse: Haben Sie sich die ersten Monate Ihrer Ministertätigkeit einfacher vorgestellt?

Claudia Bandion-Ortner: Ich war schon auf alles gefasst. Aber ich bin draufgekommen, dass man als Ministerin so etwas wie Freiwild ist und vielen ungerechtfertigten Angriffen ausgesetzt. Und manchmal tut man sich sehr schwer, sich zu wehren. Es ist ein wirklich harter, anstrengender, zeitraubender Job. Wenn ich mir meinen Terminkalender ansehe, kommt mir das Grausen. Man haut immer auf die Politiker hin und sagt „Die Politiker tun eh nichts und haben nur Privilegien“. Das ärgert mich maßlos.

Momentan gibt es öffentlichen Wirbel um die Justizakten im Fall Dörfler. Fühlen Sie sich auch in diesem Zusammenhang unfair behandelt?

Bandion-Ortner: Es ist halt sehr schwierig, ein so komplexes Rechtsproblem wie Amtsmissbrauch in der Öffentlichkeit zu erklären – vor allem, wenn die Öffentlichkeit die eigentliche Begründung für die Einstellung gar nicht hören will. Natürlich ärgert es einen, wenn man Angriffen für Dinge ausgesetzt ist, für die man nichts kann. Erstens liegt das meiste lang zurück. Und zweitens werden Zitate aus dem Zusammenhang gerissen.

War der Bericht der Zeitschrift „Falter“ über die Justizakten im Fall Dörfler korrekt?

Bandion-Ortner: Nein. Der darin wiedergegebene Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft war überholt. Und er wies 200 Seiten auf. Davon wurden Sätze – teilweise unter Auslassung von 50 Seiten dazwischen – herausgerissen. Dadurch wird der ganze Sinn entstellt. Ich ersuche die Medien, seriös zu berichten und nicht Effekthascherei oder selbst Politik zu betreiben. Das ist gefährlich, weil es dazu führen könnte, dass die Bevölkerung der österreichischen Justiz nicht mehr vertraut.

Wer könnte denn die Akten aus dem Ministerium herausgespielt haben?

Bandion-Ortner: Ich habe keine Ahnung. Aber wir werden das noch herausfinden.

Können Sie ausschließen, dass vor Ihrer Amtszeit in der Causa Dörfler etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist?

Bandion-Ortner: Ausschließen kann ich natürlich nichts, weil ich ja nicht dabei war. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass eine meiner Vorgängerinnen hier Einfluss genommen hat.

Der einstige Verfassungsgerichtshof-Präsident Karl Korinek hat die publik gewordenen Argumente für die Verfahrenseinstellung (Dörfler habe die strafrechtliche Tragweite seiner Handlungen nicht einschätzen können, das Strafrecht sei in politischen Konflikten für die Problemlösung nicht geeignet) als „unfassbar“ bezeichnet.

Bandion-Ortner: Korinek hat immer dazu gesagt, er kennt nicht den gesamten Vorhabensbericht und er kennt auch nicht den neuen. Er würde alles besser verstehen, wenn er ihn kennen würde. Der Grund der Einstellung des Verfahrens waren nicht die umstrittenen Zitate. Der Grund lag darin, dass kein Schädigungsvorsatz vorlag: Denn laut Judikatur des Verfassungsgerichtshofs gibt es kein subjektives Recht auf zweisprachige Ortstafeln. Es war juristisch zu befürworten, dass das Verfahren eingestellt wird.

Wäre die eine oder andere Passage im Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft entbehrlich gewesen?

Bandion-Ortner: Manches klingt ungeschickt formuliert, aber vor allem, weil es aus dem Zusammenhang gerissen ist. Aber ich bin nicht die Nachhilfelehrerin von Staatsanwälten im Formulieren.

Sie können also ausschließen, dass im Fall Dörfler politischer Einfluss genommen wurde?

Bandion-Ortner: Glauben Sie, dass ich das BZÖ schützen will? Ich schütze überhaupt keine Partei, ich bin unabhängig. Ich kenne den Herrn Dörfler nicht einmal. In der Causa Westenthaler heißt es wieder, die Justiz sei zu anklagewütig. Also was jetzt? Schützen wir das BZÖ zu sehr oder verfolgen wir es zu sehr? Das ist doch lächerlich.

In Ihrer Zeit als Richterin haben Sie als Standesvertreterin für weisungsfreie Staatsanwälte plädiert. Jetzt, als Justizministerin, wollen Sie das Weisungsrecht behalten. Warum?

Bandion-Ortner: Erstens hat sich in der Zwischenzeit einiges geändert: Das Weisungsrecht wurde transparenter gestaltet. Zweitens habe ich jetzt eine andere Sichtweise: Ich bin dem Parlament verantwortlich. Als Standesvertreterin war mir weniger bewusst, dass die Justizministerin in dieser Intensität dem Parlament verantwortlich ist. Ich muss Weisungen rechtfertigen.

Man könnte auch ohne formelle Weisungen ein Verfahren beeinflussen – etwa, indem man vom Justizministerium aus den zuständigen Staatsanwalt einfach anruft.

Bandion-Ortner: Die Vorwürfe, die jetzt durch die Medien geistern, stören mich, weil es anonyme Informanten sind. Die sollen sich besser bei mir melden, und zwar nicht anonym. Ich möchte selbst wissen, was an den Vorwürfen dran ist. Ich habe auch informell nichts unternommen. Ich habe sogar Hemmungen, ins Graue Haus zu gehen, um befreundete Exkollegen zu besuchen. Da hieße es dann gleich, ich nehme Einfluss auf ein Verfahren.

Dem Parlament verantwortlich könnte aber auch ein Bundesstaatsanwalt sein, wenn er statt der Ministerin an der Spitze der Weisungskette steht.

Bandion-Ortner: Es gibt noch keinen durchdachten Lösungsvorschlag in dieser Richtung. Aber man kann über alles diskutieren.

Ex-VfGH-Chef Korinek meint auch, dass das Weisungsrecht der Justizministerin verfassungsrechtlich problematisch ist. Sehen Sie das anders?

Bandion-Ortner: Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Weisungsbefugnis ist in der Verfassung verankert. Ich sehe keine Verfassungswidrigkeit.

Zu einem anderen Thema: Sie kämpfen dafür, dass neben der Polizei auch die Justiz Postbeamte bekommt. Wo sollen diese eingesetzt werden?

Bandion-Ortner: Wir hätten gerne 200 Postbeamte für Verwaltungsaufgaben in den Justizanstalten oder bei den Staatsanwaltschaften. Wir haben ein fertiges Konzept an Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek übermittelt. Wenn man dem Innenressort Leute zur Verfügung stellt, muss man auch dem Justizressort Leute geben. Es hat niemand was davon, wenn durch mehr Polizisten mehr Straftaten angezeigt werden, aber dann bei Gericht Personalmangel herrscht.

Wenn Sie keine Postler bekommen: Würden Sie dann einen Ministerratsbeschluss blockieren?

Bandion-Ortner: Das werde ich zu gegebenem Zeitpunkt entscheiden.

AUF EINEN BLICK

Claudia Bandion-Ortner rechtfertigt die Einstellung des Amtsmissbrauchsverfahrens gegen Kärntens Landeshauptmann Dörfler: Der für den Amtsmissbrauch erforderliche Schaden sei nicht vorgelegen. Die in der Öffentlichkeit kursierenden Begründungen (z.B.: Dörfler habe die strafrechtliche Tragweite seiner Handlungen nicht einschätzen können) seien aus dem Zusammenhang gerissen. Medien sollten seriös berichten und nicht Effekthascherei oder selbst Politik betreiben, mahnt Bandion-Ortner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Auf den Kanzler kommt es an

Werner Faymann sollte sich nicht drücken, sondern sein viel gepriesenes Kommunikationstalent zur Lösung der Ortstafelfrage einsetzen.
Symbolbild Gericht, Richter, Justiz
Recht allgemein

Korrupter Richter? "Falter" veröffentlicht neue Justiz-Akte

Ein Strafrichter soll Geld, Reisen und eine Waffe geschenkt bekommen haben, um in Verfahren zu intervenieren. Er soll von Zeugen schwer belastet worden sein. Dennoch sei keine Anklage erhoben worden.
Causa Ortstafeln
Recht allgemein

Verfassungsrechtler Mayer widerspricht Bandion-Ortner

Mayer widerspricht dem Kernargument der Ministerin, warum das Verfahren gegen Landeshauptmann Dörfler eingestellt worden sei.
Rudi Vouk
Politik

Fall Dörfler: Kärntner Slowenen fühlen sich "verarscht"

Der Rat der Kärntner Slowenen übt heftige Kritik an Justizministerin Bandion-Ortner: Ihre Begründung für die Einstellung des Verfahrens gegen Landeshauptmann Dörfler in der Causa Ortstafeln sei "absurd".
LANDTAGSWAHLEN IN KAERNTEN: DOERFLER (BZOE)
Innenpolitik

Ortstafeln: Grüne zeigen Dörfler neuerlich an

Die Grünen argumentieren, der Kärntner Landeshauptmann habe öffentlich zugegeben, wissentlich Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs ignoriert zu haben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.