Russland: Programm gegen Piraterie statt Spekulationen

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Die Besatzung und die mutmaßlichen Entführer der "Arctic Sea" werden weiter verhört. Der russische Nato-Botschafter hielt den Westen dazu an, sich weniger mit der Ladung des Frachters auseinanderzusetzen.

Nach einem ersten Verhör vor Ort werden die russischen Seeleute und die mutmaßlichen Entführer der knapp drei Wochen lang verschollenen "Arctic Sea" weiter befragt. Elf der 15 Besatzungsmitglieder des Frachters sind am Donnerstag in Moskau angekommen. Auch die acht mutmaßlichen Piraten seien an Bord der drei Flugzeuge vom Typ Iljuschin Il-76 gewesen.

Der Kapitän sowie drei weitere russische Seeleute seien noch immer auf einem Schiff vor dem westafrikanischen Inselstaat Kap Verde. Die vier fehlenden Seeleute würden noch weiter Dienst vor der westafrikanischen Küste Dienst tun, hieß es ohne nähere Angaben.



Den mutmaßlichen Piraten drohen bis zu 20 Jahre Haft. Auch die Besatzungsmitglieder würden erst auf freien Fuß gesetzt, wenn klar sei, dass sie nicht mit dem Überfall auf die "Arctic Sea" Ende Juli in Verbindung stehen, meldete Interfax unter Berufung auf Ermittlerkreise. Sie werden im Moment weiter befragt.

Marschflugkörper an Bord?

Ob man damit dem Rätsel der "Arctic Sea" einen Schritt näher kommen wird, ist allerdings fraglich. Wie der russische Nato-Botschafter Dimitri Rogosin nach der Befreiung des Frachters sagte: Der Fall wird als Lehrbuchbeispiel für gelungene Desinformation in die Geschichte der Geheimdienste eingehen (mehr: Öffentlichkeit wurde gezielt irregeführt).

Militärexperten vermuten, dass die "Arctic Sea" auch Waffen geschmuggelt haben könnte (mehr...). Russische und ukrainische Zeitungen schrieben, dass es sich um Marschflugkörper handeln könnte. So seien mit Atomsprengköpfen bestückbare Raketen vom Typ X-55, die aus Sowjetzeiten stammten, bereits in der Vergangenheit in den Iran geschmuggelt worden, berichtete die Moskauer Zeitung "Nowyje Iswestija" (Donnerstag).

Die Ukraine hatte 2005 den Schmuggel von Raketen dieses Typs an den Iran und China eingeräumt. Die Raketen können von dem Jagdbomber Suchoi SU-24 abgefeuert werden, die Flugzeuge sowjetischer Bauart gelten als Rückgrat der iranischen Luftwaffe.

Russland: Weniger Spekulationen

Russlands Nato-Botschafter Dimitri Rogosin hatte am Mittwoch diesbezügliche Spekulationen zurückgewiesen. Er forderte den Westen auf, sich weniger mit der Fracht der "Arctic Sea" auseinanderzusetzen. Die internationale Staatengemeinschaft sollte lieber rasch ein Programm gegen die ausufernde Piraterie entwerfen.

Laut offiziellen russischen Angaben sollte die mit Holz beladene "Arctic Sea" am 4. August an der algerischen Küste anlegen. Seit 29. Juli fehlte jede Spur. Das verschollene Schiff einer finnischen Reederei war am Montag vor der Küste der Kapverden im Atlantik gefunden worden. (mehr: Chronologie eines Verschwindens).

(Ag.)

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FILE RUSSIA ARCTIC SEA SHIP
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