Die Koalition legt ihr Integrationspaket vor: Menschen, die auf das Ende ihres Asylverfahrens warten, sollen verstärkt beschäftigt werden – auch in Gebietskörperschaften.
Wien. Ein Asylverfahren in Österreich dauert Monate: laut Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen im Durchschnitt (und in erster Instanz) ein halbes Jahr. In dieser Zeit dürfen Asylwerber allerdings nicht arbeiten. Nur wenige Hilfstätigkeiten und bestimmte Bereiche sind für sie geöffnet.
Und diese Möglichkeiten will die Regierung nun erweitern. Vor allem was die gemeinnützige Arbeit betrifft: Am Dienstag stellte die Koalition ihr neues Integrationspaket vor. Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatten vor rund zwei Wochen den Auftrag erhalten, ein Bündel an Maßnahmen zu erarbeiten.
Neben Bund, Ländern und Kommunen sollen nun auch Gesellschaften im Alleineigentum der Gemeinde, die nicht auf dem freien Markt tätig sind, Asylwerber beschäftigen können. Die Regierung will einen Kriterienkatalog über jene Leistungen erstellen, die als Hilfs- und Unterstützungstätigkeit infrage kommen. Als Beispiele nannte Duzdar Arbeiten in Stadtbibliotheken und bei der Wartung von Wanderwegen. Allerdings: Mehr als 110 Euro im Monat dürfen Asylberechtigte auch weiterhin nicht erhalten, ohne Einbußen bei der Grundversorgung zu haben.
Kurz: Keine Arbeitserlaubnis
Eine allgemeine Arbeitserlaubnis für Asylwerber soll es laut Kurz nicht geben. Kanzler Christian Kern hatte kürzlich laut darüber nachgedacht.
Dafür ist sich die Regierung einig, dass es zusätzliche Deutschkurse geben soll – und zwar für die Niveaus Alpha(betisierung) bis A2. Innen-, Sozial- und Außenministerium werden dafür gemeinsam zusätzlich 51,25 Millionen Euro investieren. Das soll 50.000 neue Plätze in Sprachkursen für Flüchtlinge schaffen. Im Zuge dieses Projektes soll nun auch die Vermittlung von berufssprachlichen Kenntnissen gefördert und ausgeweitet werden.
Freiwillige, die sich ehrenamtlich beim Deutschunterricht engagieren, sollen Materialien zur Verfügung gestellt bekommen. Auch eigene Informationsveranstaltungen soll es zur Unterstützung geben. Die Regierung sucht außerdem „kreative digitale Strategien“, damit sich Freiwilligenplattformen vernetzten und Patenschaften entstehen können.
Die sogenannten Werte- und Orientierungskurse des Integrationsfonds waren derzeit für anerkannte Flüchtlinge vorgesehen. „Nach Maßgabe der Möglichkeiten“ sollen sie nun auch Asylwerbern zugänglich gemacht werden.
„Praktika und soziale Dienste“
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) erhofft sich durch die Neuerungen, dass der „Tagesablauf von Asylwerbern besser strukturiert ist“. Das liege auch „in unserer Verantwortung“. Kanzler Christian Kern (SPÖ) versprach, dass sich ebenfalls der Bund bei der Beschäftigung von Asylwerbern engagieren werde. Etwa durch „Praktika und soziale Dienste“.
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) lobte die „konkreten Schritte“, auf die sich SPÖ und ÖVP geeinigt hatten. „Das Thema ist jetzt einmal erledigt“, sagte er. Nachsatz: Integrationspolitik sei trotzdem eine „permanente Angelegenheit“. (ib)
AUF EINEN BLICK
Das Integrationspaket der Regierung umfasst elf Punkte. Der Schwerpunkt liegt auf der Beschäftigung von Asylwerbern. Sie sollen nicht nur in Bund, Ländern und Kommunen, sondern ebenfalls in Gebietskörperschaften Hilfstätigkeiten nachgehen dürfen. Auch Sprachkurse werden gefordert. Sowie die wissenschaftliche Begleitforschung zum Flüchtlingsthema forciert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)