Die Einvernahmen der Verfassungsrichter geben Einblicke in Untiefen der Bürokratie.
Nach den ersten zwei Tagen der Zeugeneinvernahmen durch die 14 Verfassungsrichter muss man kein Berufsnörgler sein, um von erheblichen Zweifeln über die Qualität der Verwaltung geplagt zu werden. Am Beispiel mancher Bezirkshauptleute wird durch die – lobenswerterweise öffentliche – Verhandlung deutlich, wie lässig, wie nachlässig mit gesetzlichen Regelungen umgegangen wurde.
Da wird schon einmal die Sitzung einer Wahlkommission beurkundet, die laut Protokoll 16 Stunden gedauert haben soll. Die aber, wie sich unter Wahrheitspflicht rasch herausstellt, nie stattgefunden hat. Da werden Gesetze unter dem Vorwand gebogen, es sei ohnedies schwierig genug, Wahlhelfer zu finden, ihnen wolle man das Leben nicht unnötig schwer machen. Rückfragen bei übergeordneten Behörden, beim Land oder dem Innenministerium hat es sicherheitshalber erst gar nicht gegeben. Wer weiß, wie die Antwort ausgefallen wäre! Was ist los mit der von der Beamtengewerkschaft so hochgelobten Bürokratie? Weshalb wurde offenbar jahre-, wenn nicht jahrzehntelang weggeschaut und eine derartige Praxis geduldet? Sind manche Regeln unvollziehbar?
Die Höchstrichter decken eklatante Fehler auf. Dass diese zum allergrößten Teil von den Vertretern jener FPÖ mitgetragen wurden, die die Wahlanfechtung eingebracht hat, mag verwundern, ändert aber nichts an den Fakten.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2016)