Aufstand der VW-Kleinaktionäre bleibt ohne Folgen

Aufstand der VW-Kleinaktionäre bleibt ohne Folgen
Aufstand der VW-Kleinaktionäre bleibt ohne FolgenREUTERS
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Nach turbulenten Diskussionen entlasteten die VW-Aktionäre mit großer Mehrheit Vorstand und Aufsichtsrat.

Der Aufstand der Kleinaktionäre gegen die VW-Spitze im Abgasskandal ist verpufft. Auf ihrer Hauptversammlung erteilten die Anteilseigner Vorstand und Aufsichtsrat am Mittwochabend nach teils turbulenten Diskussionen mit großer Mehrheit die Entlastung.

Sowohl der amtierende Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch - ein gebürtiger Österreicher - als auch der im Zuge des Abgasskandals zurückgetretene Vorstandschef Martin Winterkorn wurden mit jeweils mehr als 97 Prozent der Stimmrechte für das zurückliegende Skandaljahr entlastet. Auch VW-Markenchef Herbert Diess sprachen die Aktionäre das Vertrauen aus. Gegen ihn und Winterkorn ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Marktmanipulation im Zuge des Dieselskandals.

Der VW-Großaktionär Niedersachsen verweigerte dem Konzernvorstand eine komplette Entlastung für das vergangene Jahr. Das Land enthielt sich beim Abstimmen auf der Hauptversammlung. Hannover begründete seine Enthaltungen mit einer neutralen Rolle in der Aufarbeitung der Abgas-Affäre. "Niedersachsen möchte im derzeitigen Verfahrensstand nicht auch nur den geringsten Anschein erwecken, sich in der Frage der laufenden Ermittlungsverfahren zu positionieren", teilte eine Sprecherin der Landesregierung in der Nacht auf Donnerstag mit.

Die Entlastungen galten im Endergebnis schon vor der Abstimmung als sicher, da die Porsche-Holding PSE als wichtigster Großaktionär seine Zustimmung angekündigte hatte. Die PSE hält gut 50 Prozent der Stimmen bei Volkswagen an bestimmt den Kurs bei einfachen Mehrheiten daher alleine. Hinter ihr steht die Familie Porsche/Piëch.

Kleinaktionäre kritisieren "Filzokratie"

Während der mehr als 13-stündigen Aktionärsversammlung hatten die machtlosen Kleinaktionäre den Aufstand geprobt. Sie machten die Kritik am "System Volkswagen" zum Hauptthema des Treffens. Volkswagen basiere auf einer "Filzokratie", bei der sich das Land Niedersachsen, der VW-Betriebsrat, das Management und die Großaktionärsfamilien Porsche und Piëch gegenseitig Vorteile zuschöben, machte Markus Dufner vom Dachverband Kritischer Aktionäre seinem Ärger Luft.

Die Entschuldigung von Konzernchef Matthias Müller für die millionenfache Abgasmanipulation ging in der aufgeheizten Stimmung unter. Der Konzern setze nun alles daran, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen, gab sich Müller reumütig.

Doch Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz warf der VW-Führung kollektives Versagen vor: "Wir stehen vor einem Trümmerhaufen." Die Aktionäre hätten durch den Kursverfall der VW-Aktie im Zuge des Abgasskandals viel Geld verloren.

Volkswagen hat die US-Kanzlei Jones Day mit der Aufarbeitung beauftragt, ein Abschlussbericht soll erst gegen Ende des Jahres präsentiert werden. Neue Erkenntnisse gab es auf der Hauptversammlung daher nicht. Aufsichtsratschef Pötsch begründete dies mit den noch laufenden Verhandlungen mit den US-Behörden über die Aufarbeitung von "Dieselgate". US-Bezirksrichter Charles Breyer hat allen Beteiligten an den Vergleichsverhandlungen einen Maulkorb verpasst. Es wäre für VW mit hohen finanziellen Risiken verbunden, die Öffentlichkeit jetzt über den Stand der Ermittlungen zu unterrichten, betonte Pötsch. Beim Festhalten an den Spielregeln erwarte Volkswagen ein Entgegenkommen der US-Behörden beim Strafmaß.

Pötsch war Finanzvorstand, als der Konzern im September die Manipulation von Abgaswerten einräumte. Im Oktober wurde er an die Spitze des Aufsichtsrats berufen. Gegen ihn richten sich die Ermittlungen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft nicht. Winterkorn war im Zuge des Skandals zurückgetreten.

(APA/Reuters/dpa)

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