Artikel 50: Was im Lissabon-Vertrag über den EU-Austritt steht

Der Brexit wird ein Präzedenzfall für die EU.
Der Brexit wird ein Präzedenzfall für die EU.APA/AFP/JUSTIN TALLIS
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Das Vereinigte Königreich muss erst einmal offiziell verkünden, dass es die EU verlassen will. Dann beginnt eine zweijährige Frist zu laufen.

Die EU verlassen? Das war bis vor kurzem rein vertraglich gar nicht möglich. Der Austritt eines EU-Staates aus der Europäischen Union ist erstmals durch den 2009 in Kraft getretenen Lissabon-Vertrag geregelt - wenn auch nicht bis ins letzte Detail ausformuliert. Und genau diese Lücken im Text wird die EU mit dem wohl anstehenden Austrittsverfahren des Vereinigten Königreichs erstmals füllen müssen. Erstmals würde das Prozedere angestoßen.

So lautet der entsprechende Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union:

"(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt das Abkommen, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments."

Großbritannien hat dem Europäischen Rat bis jetzt noch nicht offiziell mitgeteilt, aus der EU austreten zu wollen. Erst dann beginnt die Uhr sozusagen zu ticken, denn im folgenden Absatz heißt es:

"(3) Die Verträge finden auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil.

Die qualifizierte Mehrheit bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels 49 beantragen."

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>> Der Vertrag von Lissabon

(APA/Red.)

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