Der EM-Debütant Island gewann trotz frühen Rückstands noch 2:1. Die Three Lions enttäuschten auf ganzer Linie.
England-Trainer Roy Hodgson zieht nach dem bitteren Aus im Achtelfinale der Fußball-EM in Frankreich am Montag die Konsequenz: Unmittelbar nach dem 1:2 gegen Überraschungs-Sieger Island trat der 68-Jährige zurück: "Es tut mir leid, dass es so enden muss", sagte Hodgson in Nizza.
"Die Verlängerung meines Vertrags war abhängig vom Ergebnis. Es ist vielleicht Zeit für einen hungrigen Nachfolger. Ich möchte mich bei der Mannschaft für die letzten vier Jahre bedanken. Sie hat für mich gekämpft. Die letzten vier Jahre waren eine wunderbare Reise", resümierte Hodgson. Er nannte das Abschneiden "inakzeptabel".
Hodgson stand bereits zuvor wegen seiner zahlreichen Personalwechsel beim letzten Gruppenspiel gegen die Slowakei (0:0) und dem verpassten Gruppensieg in der medialen Kritik. Als mögliche Nachfolger werden U21-Trainer Gareth Southgate, der ebenfalls zurückgetretene Assistent Gary Neville und die Premier-League-Trainer Alan Pardew, Sam Allardyce oder Arsene Wenger gehandelt.
England war klarer Favorit
England ging als klarer Favorit in das Achtelfinale gegen Island, daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass die Three Lions seit 1996 kein K.o.-Spiel mehr bei einer EM gewonnen haben. Trotz des Gruppensieges hatte England allerdings in der Offensive Schwächen im Abschluss offenbart, aus 64 Torschüssen resultierten in der Vorrunde nur drei Treffer. Gegen den kampfstarken, kompakten Gegner von der Insel setzte Teamchef Roy Hodgson auf Tempo: Sterling und Sturridge assistierten Sturmspitze Kane an den beiden Flanken.
Nach wenigen Minuten schienen die Weichen zum erwarteten Pflichtsieg gestellt: Torhüter Halldorsson brachte Sterling im Strafraum zu Fall. Kapitän Rooney trat an und traf mit einem platzierten Schuss in die Ecke zum 1:0 (4.). Der englische Jubel auf den Tribünen war noch nicht verhallt, da schlug der Außenseiter prompt zurück. Ein weiter Einwurf wurde per Kopf verlängert, die englische Abwehr befand sich im Tiefschlaf und Sigurdsson schoss aus kurzer Distanz ein (6.). Die englischen Scouts, fünf sollen Island im letzten Gruppenspiel gegen Österreich beobachtet haben, dürften ihre Arbeit nur unzureichend erfüllt haben, war der Treffer doch eine Kopie des 1:0 vom Mittwoch.
Island spielt und trifft
Die Engländer rannten nun an, doch gegen die blaue Wand am gegnerischen Sechzehner gab es kein Durchkommen. Weitschüsse blieben das Mittel in der Not, Alli (15.) und Kane (17.) versuchten sich vergeblich. Wie es mit einfachen spielerischen Mitteln funktionieren kann, zeigte Island vor. Bei einem Doppelpass schaute die englische Abwehr nur zu, der Ball kam zu Sigthorsson und der schoss nach einem Haken ein (18.). Torhüter Hart machte beim zentral angetragenen Schuss nicht die beste Figur.
Die Engländer hatten deutlich mehr Ballbesitz, vermochten aber kaum Torgefahr zu entwickeln. Ein Volley von Kane, den Halldorsson hielt (28.), und ein zu hoch angetragener Schuss von Rooney (44.) blieben die weitere Ausbeute der ersten Halbzeit.
An diesem Bild änderte sich auch nach der Pause wenig, die Hereinnahmen von Wilshere und später Vardy zeigten keine Wirkung. Vielmehr hatte Island sogar die große Chance auf das dritte Tor: Nach einem Eckball stellte Sigurdsson sein technisches Können zur Schau und prüfte Hart mit einem Fallrückzieher (55.).
Das Bollwerk hält
Ansonsten stand das isländische Bollwerk sicher, neun Mann verteidigten stets hinter dem Ball, nur einer der beiden Stürmer lauerte vorne. Die Fans unterstützten den beherzten Kampf lautstark, "Afram Island"-Rufe erfüllten das Stadion. Die Engländer schoben sich gegenseitig den Ball zu, die zündende Idee aber kam niemanden. Der letzte Ausweg, hohe Bälle in den Strafraum, brachte Islands Verteidigung kaum in Verlegenheit. Einmal fand eine Hereingabe doch einen Abnehmer, der Kopfball von Kane fiel jedoch zu schwach aus (79.) – der Toptorschütze der Premier League blieb erneut vieles schuldig.
Auf der Gegenseite hatte Gunnarsson die Entscheidung auf dem Fuß, der Kapitän tanzte Wilshere aus, scheiterte aber aus spitzem Winkel an Hart (88.). Nichtsdestotrotz wurde Islands Aufstieg ins Viertelfinale und die Fortsetzung des EM-Märchens kurz darauf Realität. England muss unterdessen weiter auf den ersten Titel seit 1966 warten.
(swi/APA)