Abgeordnete entziehen Labour-Chef Corbyn das Vertrauen

Jeremy Corbyn genießt bei den Unterhaus-Abgeordneten kein Vertrauen.
Jeremy Corbyn genießt bei den Unterhaus-Abgeordneten kein Vertrauen.APA/AFP/ODD ANDERSEN
  • Drucken

Der erst im Herbst angetretene Labour-Chef hat ein Misstrauensvotum der Abgeordneten deutlich verloren. Doch die Basis liebt ihn.

Der umstrittene britische Labour-Parteichef Jeremy Corbyn hat eine Misstrauensabstimmung in seiner Fraktion klar verloren. Die Fraktion stimmte am Dienstag mit 172 zu 40 Stimmen gegen den Parteichef. Durch eine Rücktrittswelle in der Partei nach dem Brexit-Referendum hatte Corbyn zuvor bereits mehr als die Hälfte der Mitglieder seines Schattenkabinetts verloren.

Corbyn äußerte sich in einem ersten Statement klar. Er sei im Oktober demokratisch von 60 Prozent der Labour-Mitglieder und -Unterstützer gewählt worden. Er werde seine Wähler nicht betrüen indem er sein Amt abgibt. Das Misstrauensvotum der Abgeordneten habe keine Auswirkung.

Corbyn ist an der Basis sehr beliebt, hat aber wenig Verbündete im Parlament. Er hat bereits erklärt, dass er wieder kandidiert, wenn es eine Neuwahl für den Vorsitz der sozialdemokratischen Labour-Partei geben sollte.

Dass der Brexit auch für ihn zur Gefahr wird, war nicht unbedingt absehbar. Doch für manche in der oppositionelle Labour-Partei war das Brexit-Votum eine willkommene Gelegenheit den linken Parteichef zu kritisieren.

Rücktritt seiner Schattenminister

Sein Schattenkabinett war zum Rumpfteam geworden. Denn die Kritik an Corbyns Kampagne für einen Verbleib Großbritanniens in der EU war groß. Viele Vertreter des rechten Flügels warfen dem Labour-Chef vor, nur halbherzig für den Verbleib geworben und damit viele Wähler aus dem eigenen Lager nicht überzeugt zu haben. Die Parteilinken sprachen unterdessen von einem seit längerem geplanten Coup gegen den mit großer Mehrheit demokratisch gewählten Parteivorsitzenden.

In der Nacht auf Sonntag hatte Corbyn seinen Schatten-Außenminister, den Parteirechten Hilary Benn, entlassen, nachdem dieser seine Parteiführung heftig kritisiert hatte. Daraufhin erklärten weitere Mitglieder von Corbyns Schattenkabinett ihren Rücktritt. Darunter waren die Gesundheitspolitische Sprecherin Heidi Alexander, die Verkehrspolitische Sprecherin Lilian Greenwood und der für Schottland zuständige Vertreter Ian Murray.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Leadsom, Johnson
Europa

Johnson will nun Leadsom als Premierministerin

Londons Ex-Bürgermeister unterstützt die Energie-Staatssekretärin im Rennen um die Cameron-Nachfolge. Sie gehörte ebenfalls zu den Befürwortern eines EU-Austritts.
Nigel Farage geht: „Ich will mein Leben zurück.“ Der vehementeste Verfechter des EU-Austritts Großbritanniens sieht seine Mission mit dem Votum als erfüllt an.
Außenpolitik

Führungsvakuum in London

Rücktrittswelle nach dem Brexit: Die Chefetage der drei größten Parteien ist praktisch leer geräumt. Nun geht auch UKIP-Anführer Nigel Farage, der vehementeste Befürworter eines EU-Austritts.
Nigel Farage
Außenpolitik

Ukip-Chef Nigel Farage tritt nach Brexit-Sieg zurück

Farage war die Galionsfigur des Brexit-Lagers. Er gibt seinen Posten als Parteichef ab. Er wolle "sein Leben zurück haben".
Außenpolitik

Wer sein Leben zurück will, erntet Häme

Wenn der lauteste Brexit-Befürworter mitten im Austritts-Chaos zurücktritt, dann erntet er in sozialen Medien sarkastische Kommentare.
Theresa May ist eine Brexit-Gegnerin.
Außenpolitik

Britischer Außenminister will Theresa May als Cameron-Nachfolgerin

Philip Hammond unterstützt die Innenministerin in ihrer Kandidatur als Tory-Vorsitzende. Am Dienstag findet die erste Wahlrunde in der Partei statt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.