Es ist gut, dass er nicht nächster britischer Premier wird.
Originell ist Boris Johnson, keine Frage. Der ehemalige Londoner Bürgermeister strotzte in der von ihm geleiteten Kampagne zum EU-Austritt vor Selbstvertrauen, Ironie und Kampfeslust. Es war sein großes politisches Stück, in dem die Übertreibung zum Normalzustand wurde. Das galt für Zahlen über den angeblich exorbitanten EU-Mitgliedsbeitrag genauso wie für die Zahl der eingewanderten EU-Ausländer. Der Zweck schien die Mittel zu heiligen – oder war es nur der Übermut eines Selbstdarstellers?
Johnson war nach dem britischen Referendum einige Tage untergetaucht, als hätte er sich vor den Geistern, die er rief, plötzlich selbst geschreckt. Jetzt ist ihm nicht einmal mehr die Führungsposition bei den Tories ein Anliegen. Er will nicht mehr Parteivorsitzender und nächster Premierminister werden.
Der ehemalige Journalist, der schon immer gern im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, ist schlicht und einfach ein Wimp – ein Feigling. Für ihn ist Politik ein Theater, in dem der Ernst und die Verantwortung nur Nebenrollen haben. Es ist gut, dass er nicht nächster britischer Premier wird. Obwohl: Es hätte ihm gebührt.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2016)