Chancen für TTIP sinken nach Brexit

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Verhandlungsabschluss bis Jahresende zweifelhaft.

Wien/Brüssel. „Wir sind zu Optimismus verpflichtet.“ Die Worte von Handelskommissarin Cecilia Malmström klingen nicht gerade vielversprechend. Seit dem EU-Austrittsvotum der Briten am Donnerstag voriger Woche sind die Chancen, die Verhandlungen zum umstrittenen transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP noch in diesem Jahr abzuschließen, weiter gesunken: Die wirtschaftsfreundliche Regierung in London war einer der größten Fürsprecher der Kooperation mit Washington. Erst kürzlich hatte der scheidende Premier, David Cameron, den Handelspakt bei einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama beworben. Nun aber hatt es für London keinen Sinn mehr, sich offensiv für eine Fortsetzung der Verhandlungen einzusetzen – schließlich müsste Großbritannien als Nicht-EU-Mitglied bilateral ohnehin einen eigenen Vertrag mit den USA aushandeln.

Nächste Runde ab 11. Juli

Für Malmström ist dies offiziell kein Grund, am Fahrplan bis Jahresende zu zweifeln. „TTIP wird den Brexit überleben“, zeigte sich die Schwedin überzeugt. Am 11. Juli beginnt die nächste Verhandlungsrunde in Brüssel. Die Hoffnung unter den TTIP-Befürwortern ist groß, dass die Gespräche noch unter der Amtszeit Obamas zu einem positiven Abschluss gebracht werden können – gibt es doch erhebliche Zweifel, dass dies unter seinen möglichen Nachfolgern, Hillary Clinton oder Donald Trump, gelingen kann.

Ob auch die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten einem fertig ausverhandelten Abkommen zustimmen müssten, ist indes nicht sicher: Ein juristisches Gutachten der Kommission kam für das als TTIP-Blaupause gehandelte Abkommen mit Kanada (Ceta) zu dem Schluss, dass dieses als „reines Handelsabkommen“ keiner Ratifizierung in den nationalen Parlamenten bedarf. (aga/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2016)

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