Ungarn sollen Botschaft an Brüssel schicken

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Das Datum für die Abstimmung über die EU-Flüchtlingsquote ist fixiert.

Budapest. „Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne Konsultierung des Parlaments die Einwanderung nicht ungarischer Staatsbürger nach Ungarn vorschreibt?“ So lautet die Frage im Wortlaut, über die Viktor Orbáns Regierung am 2. Oktober abstimmen lässt, an demselben Tag also, an dem Österreichs Präsidentschaftswahl wiederholt wird. Das Datum für das Referendum wurde gestern von Staatschef János Áder fixiert.

Die Frage zielt auf die verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen nach EU-Quote, die Orbán ablehnt. „Nicht Brüssel, sondern nur die Ungarn können bestimmen, mit wem sie zusammenleben wollen“, sagte sein Kanzleiminister Antal Rogán gestern. Ein Sieg für Premier Orbán, der sich selbst in die Kampagne einschalten will, scheint schon so gut wie sicher: Knapp 90 Prozent der Ungarn sprachen sich in Umfragen gegen die Quotenregelung aus.

Rechtliche Folgen dürfte die nationale Volksabstimmung über einen EU-Beschluss zwar nicht haben. Ein deutliches Nein der Mehrheit der knapp acht Millionen Wahlberechtigten könnte die EU in der Flüchtlingsfrage aber noch tiefer spalten. Die Wähler sollen eine Botschaft nach Brüssel schicken, ob sie die Migrationspolitik von Brüssel unterstützen oder ablehnen, sagte Minister Rogán. Im Herbst hatte die EU beschlossen, 160.000 Flüchtlinge innerhalb der EU zu verteilen. Ungarn sollte 2300 aufnehmen. Wie die Slowakei klagte es gegen den Mehrheitsbeschluss.

Ohne Verfahren abschieben

Ungarn hat zudem seine Flüchtlingspolitik noch einmal verschärft: Das Land will Menschen, die illegal nach Ungarn kommen, nun ohne Verfahren zurückbringen. Es geht dabei um Menschen, die innerhalb von acht Kilometern hinter der Grenze aufgegriffen werden. Sie sollen zur Grenze zurückgebracht werden, wo ihnen der Weg zur nächsten „Transitzone“ gezeigt werde, sagte Orbáns Sicherheitsberater. Die „Transitzone“ liegt jenseits der Grenzzäune – und damit nach Lesart der Regierung nicht auf ungarischem Staatsgebiet. (ag./strei)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2016)

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