Anlauf für eine neue Gründerzeit

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Die Regierung legt ihr Programm vor, wie innovative Unternehmensneugründungen speziell gefördert werden sollen. Für die ersten drei Jahre übernimmt der Staat einen Teil der Lohnkosten.

Wien. Die Wirtschaft soll rasch angekurbelt werden, hat Bundeskanzler Christian Kern bei seinem Amtsantritt versprochen. Am Dienstag hat die Regierung erste konkrete Vorschläge dafür vorgelegt. Sie konzentrieren sich auf einen kleinen, aber zukunftsträchtigen Bereich der Wirtschaft: die innovativen Start-ups. Für sie soll ein besseres Umfeld geschaffen werden – mithilfe eines Pakets von 185 Millionen Euro, das die Regierung bereit ist zu investieren. Die Hoffnung: Damit sollen 1000 neue Firmen gegründet und 10.000 bis 15.000 neue Jobs geschaffen werden. Daneben kündigen Bundeskanzler Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner weitere Reformen für den Herbst an: eine Reform der Gewerbeordnung, der Bankenabgabe und der Sozialversicherungsanstalten.

1. Welche Unternehmensgründungen sollen gefördert werden?

Wer einen Würstelstand aufmacht und fünf Mitarbeiter anstellt, hat Pech gehabt: Staatliche Unterstützung wird es nicht für alle Jungunternehmer, sondern nur für bestimmte Firmengründungen geben. Drei Kriterien müssen erfüllt sein, um von einem Start-up sprechen zu können: Die Firma muss jung sein; sie muss mit ihrer Technologie oder mit ihrem Geschäftsmodell innovativ sein; und sie muss ein signifikantes Mitarbeiter- und Umsatzwachstum aufweisen können. Die genaue Definition der Kriterien wird erst festgelegt.

2. Niedrigere Lohnkosten für die Jungunternehmen

Wer als förderwürdig erachtet wird, hat vor allem einen Vorteil: Die Lohnkosten in den ersten drei Jahren sind signifikant niedriger. Der Arbeitnehmeranteil an den Lohnnebenkosten für die ersten drei Mitarbeiter wird teilweise vom Staat übernommen: Im ersten Jahr zu 100 Prozent, im zweiten zu zwei Dritteln und im dritten Jahr immer noch zu einem Drittel. Diese Dienstgeberbeiträge beinhalten unter anderem die Pensions-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung, die Kommunalsteuer oder den Familienlastenausgleichsfonds. 100 Millionen Euro kostet allein diese Maßnahme, die vorerst bis Ende 2019 befristet ist. Eine Verlängerung ist aber möglich: Ende 2018 wird die Effizienz des Förderprogramms evaluiert und eine mögliche budgetäre Aufstockung geprüft.

3. Wie innovative Unternehmen zu Kapital kommen sollen

Dafür stehen mehrere Programme zur Verfügung. Eines davon gibt es schon längst, nämlich das Austria Wirtschaftsservice (AWS), das mehrere Angebote für Start-ups zur Verfügung stellt, die nun finanziell aufgestockt werden: der AWS Business Angel Fonds, der Investitionen in junge, rasch wachsende Technologieunternehmen verdoppelt. Dafür sollen zusätzlich 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die AWS-Seed-Finanzierungen unterstützen den Unternehmensaufbau von wissens- und technologieorientierten Start-ups. Auch dafür soll es 20 Millionen Euro zusätzlich geben. Und die Garantien für Kredite für innovative Projekte werden von 250 auf 350 Millionen Euro aufgestockt. Zusätzlich will die Regierung den Risikokapitalmarkt ankurbeln: Wer Anteile von jungen, innovativen Start-ups erwirbt, kann dafür eine staatliche Förderung von bis zu 50.000 Euro im Jahr erhalten. Bis zu einem Investitionsbetrag von 250.000 Euro schießt der Staat eine Förderung von 20 Prozent bei. Die Kosten dafür werden auf 15 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Die Überlegung dahinter: Investoren sollen ihr Geld in einem Bereich anlegen, der die Wirtschaft ankurbelt, und nicht in Immobilien.

4. Unterstützung für Spin-offs: Wissenschaftler sollen Unternehmen gründen

Auch die Ressourcen der Universitäten sollen angezapft werden: Für akademische Spin-offs stehen fünf Millionen Euro zur Verfügung. Damit können 50 Projekte gefördert werden. Wissenschaftler und Studierende sollen unterstützt werden, innovative Ideen in einem Unternehmen umzusetzen.

5. Gibt es auch Verbesserungen für andere Unternehmen?

Die Zeit für die Dauer einer Firmengründung soll halbiert werden. Und Klein- und Mittelbetriebe sollen einfacher zu frischem Kapital kommen, indem die Bedingungen für Finanzierungsgesellschaften verbessert werden.

Weitere Infos:www.diepresse.com/wirtschaft

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2016)

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