Österreichs Banken werden entlastet – wenn sie zahlen

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Die Bankenabgabe wird reduziert, aber die Banken müssen vorher eine hohe Einmalzahlung leisten.

Wien. In diesem einen Punkt zumindest wird sich die ÖVP freuen, dass der Bundeskanzler jetzt Christian Kern heißt und nicht mehr Werner Faymann. Denn alle Änderungswünsche, die man in den vergangenen Jahren zur Bankensteuer angemeldet hatte, wurden von Faymann konsequent ignoriert. Vermutlich wollte er in der eigenen Partei keinen weiteren Aufstand gegen seine Person provozieren.

Kern dagegen ist als SPÖ-Vorsitzender frisch gewählt und kann sich noch mehr erlauben als Faymann, der mittlerweile Geschichte ist. So hat der neue Bundeskanzler jetzt einer Reform der Bankenabgabe zugestimmt – allerdings unter gewissen Auflagen, mit denen es leichter wird, den linken SPÖ-Flügel mitzunehmen. Heißt konkret: Die Bankenabgabe wird reduziert – auf weniger als 100 Millionen Euro im Jahr, wie nach der Ministerratssitzung am Dienstag zu hören war. Wenn auch nur im Hintergrund. Dafür müssen die Banken eine Einmalzahlung leisten – dem Vernehmen nach in der Größenordnung von zwei Jahren (bisheriger) Bankenabgabe. Also rund eine Milliarde Euro.

Das zumindest ist der Plan, zu dem auch Kern steht. Denn Österreich sei wohl das einzige Land, das die nationale Bankenabgabe zusätzlich zu den EU-Abgaben für die Einlagensicherung und eine allfällige Bankenabwicklung einhebe. Allein im Vorjahr bezahlten die Banken 640 Millionen Euro Steuer in Österreich, zusätzlich fließen heuer 380 Millionen Euro an den EU-Fonds. Wozu das führen könne, habe man bei der UniCredit gesehen: zu (Teil-)Abwanderungen. Daher, so der Kanzler, „wollen wir versuchen, die Belastung auf deutsches Niveau zu reduzieren“.

Milliarde für Bildung und Forschung

Beschlossen ist aber noch nichts. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) rechnet kommende Woche mit einer Einigung – und meinte in Bezug auf die Höhe der künftigen Abgabe, dass den Banken unter anderem die Zahlungen an den EU-Fonds abgezogen würden. Kern sagte nur: „Mit der Bankenabgabe werden wir uns in den nächsten Tagen und Wochen noch auseinanderzusetzen haben.“

Die Einmalzahlung von einer Milliarde Euro will die Regierung „für Zukunftsinvestitionen“ verwenden – in Bildung, Forschung und Entwicklung, wie der Kanzler ankündigte. Außerdem erwarte man sich von den Banken eine deutliche Stimulierung der Kreditvergabe. Generell, meinte Schelling, gehe es darum, „die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Banken im Verhältnis zu deutschen Banken wieder sicherstellen“.

Aus der SPÖ waren vorerst keine weiteren Reaktionen zu hören. Dafür machte sich innerhalb der Branche Erleichterung breit. Erst vor wenigen Tagen hatte Robert Zadrazil, Präsident des Bankenverbands und Chef der Bank Austria, gemeint, er sei voller Hoffnung, dass sich an der Bankenabgabe noch heuer etwas ändert. Denn mit dem neuen Bundeskanzler sei „ein anderes Gesprächsklima entstanden“.

Krankenkassen fusionieren?

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sprach von einem „wichtigen Signal zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Finanzplatzes“. Damit würde der Weg für zusätzliche Investitionen in Bildung und Arbeitsplätze frei.

In einer anderen Angelegenheit hätte sich Leitl namens der Wirtschaft „mehr Bewegung gewünscht“. Gemeint war die geplante Reform der Sozialversichungsträger. Der Ministerrat hat am Dienstag eine seit Langem angekündigte Studie in Auftrag gegeben, die ermitteln soll, wo im Reich der Krankenkassen eingespart werden könnte und ob es sinnvoll wäre, manche Kassen zu fusionieren.

Lediglich „die Sinnhaftigkeit einer Reduktion der Trägerlandschaft zu prüfen – das hätte ambitionierter ausfallen können“, meinte Leitl, der ja im Nebenerwerb auch Obmann der SVA (Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) ist. (pri)

AUF EINEN BLICK

Die Bankenabgabe soll nach den Plänen der Regierung gesenkt werden – dem Vernehmen nach auf weniger als 100 Millionen Euro im Jahr. Dafür müssen die Banken eine Einmalzahlung von rund einer Milliarde Euro leisten. Dieses Geld soll dann in die Bereiche Bildung, Forschung und Entwicklung investiert werden. Hintergrund: Neben der Steuer in Österreich (allein im Vorjahr waren es 640 Millionen Euro) müssen die Banken heuer auch 380 Millionen Euro an einen EU-Fonds abliefern. Beschlossen sind die Änderungen aber noch nicht. In der SPÖ ist die Bankenabgabe ein heikles Thema. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) rechnet dennoch kommende Woche mit einer Einigung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2016)

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