Matura: Schluss mit Geheimhaltung

Sie habe immer Transparenz betont, sagt Bildungsministerin Hammerschmid (SPÖ).
Sie habe immer Transparenz betont, sagt Bildungsministerin Hammerschmid (SPÖ).(c) APA/ROBERT JAEGER
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Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) stellt eine Veröffentlichung in Aussicht. Möglicherweise könnten die Resultate der Schulen sozial gewichtet werden.

Wien. Mit der Geheimhaltung der Zentralmaturaergebnisse einzelner Schulen könnte es demnächst vorbei sein: Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) stellte am Mittwoch im Nationalrat erstmals die Veröffentlichung von Schulresultaten bei der Matura in Aussicht – unter bestimmten Bedingungen.

Bei der Präsentation der jüngsten Maturaresultate hat die Ressortchefin noch – ganz auf Linie mit ihren Vorgängerinnen – argumentiert, warum die Daten der Schulen nicht veröffentlicht werden. Man wolle keine Standorte schlechtmachen. Das Ministerium kenne die Schulen, die bei der Zentralmatura schlecht abgeschnitten haben, und arbeite gemeinsam mit der Schulaufsicht daran, sie zu verbessern.

Das klingt jetzt anders – auch, wenn die Ministerin die Ergebnisse nach wie vor nicht „einfach so“ herausgeben will. Damit Eltern, Schüler und Lehrer etwas in die Hand bekämen, „das hält“, brauche es eine Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung, die man mit dem anstehenden Informationsfreiheitsgesetz schaffen könne. Und Kriterien, die Vergleichbarkeit sicherstellen.

Konkret müsse eine ganze Reihe von standortbedingten Faktoren berücksichtigt werden, sagt die Ministerin: etwa der familiäre Hintergrund der Schüler, ihre Muttersprache, die Größe der Schule. Lauter Faktoren, die einen Einfluss auf die Maturaleistungen an den einzelnen Schulen haben können.

Keine nackten Ergebnisse

Frei übersetzt: Die nackten Maturaergebnisse dürfte es also auch in Zukunft nicht geben. Möglich wäre, dass sich das Bildungsressort etwas Ähnliches vorstellt wie den sogenannten fairen Vergleich bei den Bildungsstandards. Konkret wird da die Leistung der Schule im Test daran gemessen, was unter den Rahmenbedingungen – Standort, Schülerpopulation – zu erwarten ist. Von einer Schule mit vielen armen Migrantenkindern wird weniger erwartet als von einer mit vielen deutschsprachigen Kindern aus gebildeten Familien. Damit sie ihre Leistung besser einordnen können, bekommen Schulen absolute und „faire“ Vergleiche. Veröffentlicht wurden sie bei den Bildungsstandards bisher nur nach Bundesländern.

Dass die Ergebnisse von Leistungstests sozial gewichtet herausgegeben werden, sei nicht ungewöhnlich, könne aber auch schiefgehen, sagt Bildungsforscher Stefan Hopmann. In Dänemark sei so etwa einmal eine islamische Privatschule der Gewinner gewesen („Viel Geld trifft auf unterprivilegierte Kinder“).

Inzwischen gebe es in Dänemark eine modifizierte Version des Rankings, so Hopmann, ein Gegner von Ranglisten („Die Presse“ berichtete). Laut einem EU-Bildungsbericht gehen die einzelnen Länder überhaupt sehr unterschiedlich mit solchen Daten um – das reicht von einer Pflicht der Schulen zur Veröffentlichung bis zu einem offiziellen Verbot, die Informationen herauszugeben oder Rankings zu machen.

Beirat mit Eltern und Schülern

Hammerschmid will nun jedenfalls mit den Bildungssprechern der Parteien und einem Beirat, in den auch Eltern, Schüler und Lehrer eingebunden sind, überlegen, wie man zu Kriterien komme, die allen nutzen. „Wir brauchen eine gemeinsame Vorstellung davon, was wir in welcher Form veröffentlichen wollen, damit es wirklich Nutzen und Vergleichbarkeit bringt“, sagte sie im Nationalrat. Wo sie übrigens auch einräumte, dass es dieses Jahr zum Teil „recht schlechte“ Ergebnisse bei der Mathematikklausur gab. Die Grünen, die die Aktuelle Stunde zur Zentralmatura angemeldet hatten, kritisierten die „desaströse Umsetzung“ der Matura. Sie fordern eine eigene Kommission, die sich die Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Schulstandorten ansehen soll.

Auf einen Blick

Schulrankings. Sollen Resultate von Schulen veröffentlicht werden? Wie „Die Presse“ berichtet hat, sind Elternvertreter dagegen, weil sie Schulbashing fürchten. Schulexpertin Christa Koenne würde sie herausgeben, um den Wettbewerb zu stimulieren. Laut Bildungsforscher Stefan Hopmann sagen die Ergebnisse zu wenig über die Qualität der Schulen aus. Eine Rangliste führe zu sozialer Selektion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2016)

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