Der deutsche Innenminister de Maizière unterstützt Vorschlag von Außenminister Kurz. Wien und Budapest ringen um Grenzkontrollen.
Brüssel/Bratislava. Kleine Schritte statt großer Würfe: So lautet das Motto der EU in der Flüchtlingskrise, die in den vergangenen Wochen zwar von der Brexit-Krise überschattet worden, aber keineswegs überwunden ist – wovon der jüngste Zwist zwischen Österreich und Ungarn zeugt. Budapest und Wien kritisieren sich gegenseitig für Kontrollen an den jeweiligen Grenzübergängen, beide Seiten halten trotz offizieller Beilegung des Streits die Überprüfungen auf der anderen Seite der österreichisch-ungarischen Grenze nach wie vor für ungerechtfertigt.
Ungarn habe „dafür auch keine Begründung genannt“, sagte ein Sprecher von Innenminister Wolfgang Sobotka am Donnerstag, während Sobotkas ungarischer Kollege Péter Szijjártó den Österreichern bei einer Pressekonferenz in Budapest vorwarf, ihre Kontrollen seien ungerechtfertigt, weil Ungarn ohnehin seine Schengen-Außengrenze dicht gemacht habe – eine Behauptung, die man in Wien mit dem Verweis auf noch immer aus Ungarn nach Österreich kommende Flüchtlinge zurückweist.
Gelegenheit zu einer Aussprache hatten Sobotka und Szijjártó am Rande des gestrigen Treffens der EU-Innenminister in Bratislava, wo sich wieder einmal zeigte, dass der bevorzugte Lösungsansatz der EU-Kommission – die Vergemeinschaftung – die Union in eine Sackgasse geführt hat. Von „freiwilligen Formen der Solidarität“ sprach Sobotka im Vorfeld des Treffens – ein krasser Gegensatz zur ursprünglichen Idee der Brüsseler Behörde, Flüchtlinge per Quote auf alle Mitgliedstaaten zu verteilen. Von den im Vorjahr beschlossenen 160.000 Umsiedlungen wurden bis dato rund 11.000 umgesetzt.
Statt des zentralen Ansatzes wollen die Innenminister nun dezentrale Maßnahmen fördern. Der deutsche Ressortchef, Thomas de Maizière, etwa zeigte Interesse an der Idee des österreichischen Außenministers, Sebastian Kurz, im Mittelmeer aufgegriffene Migranten bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in Afrika unterzubringen. Gastgeber Slowakei wiederum brachte sich als Unterbringungsort für Asylwerber ins Spiel: In Gabčíkovo werden jene Flüchtlinge untergebracht, die auf Asyl in Österreich hoffen. Man sei bereit, dieselbe Dienstleistung auch für andere EU-Mitglieder zu erbringen, sagte der slowakische Premierminister, Robert Fico, vergangene Woche.
Doch es gibt nach wie vor Bereiche, in denen die EU gefragt ist – etwa die gemeinsame Grenz- und Küstenwache, die bei allen Schengen-Mitgliedern Anklang findet. Am Mittwoch gab das Europaparlament grünes Licht für den Aufbau eines EU-Grenzschutzes. (ag./la)