Lächeln und Songs der Beach Boys: Abschied von Manfred Deix

Stanislav Jenis
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Die Trauerfeier für den Karikaturisten ist geprägt von Anekdoten – und der Vorstellung, wie er wohl seine eigene Beerdigung stören würde.

Es sei gut, sagt Gottfried Helnwein, dass Manfred Deix nicht als Gast an seiner eigenen Trauerfeier teilnehmen könne. „Denn er würde die Veranstaltung sicher mit einer pietätlosen Aktion stören.“ Und die Trauergäste peinlich berührt zurücklassen. Man hätte es dem vergangene Woche verstorbenen Karikaturisten zugetraut – das Lächeln auf dem Foto vor seinem aufgebahrten Sarg strahlt genau das aus. Ein Schelm, würde man liebevoll sagen. Helnwein beschreibt seinen langjährigen Freund drastischer – „er war ein Monster. Er konnte sich nirgendwo einordnen“.

Diese liebevolle Respektlosigkeit schwingt auch mit in der Halle 2 am Wiener Zentralfriedhof, wo Familie und Freunde Abschied von Deix nehmen. Es wird gelächelt, es wird gelacht. Bei einer Trauerfeier muss es traurig zugehen? Ja, schon. Aber es sind die lustigen Anekdoten, die die schönen Erinnerungen hervorrufen. Wenn Helnwein etwa erzählt, wie Deix dem niederösterreichischen Landeshauptmann, Erwin Pröll, bei einem Empfang mit Filzstift einen unflätigen Begriff auf die Hand geschrieben hat. „Und einmal hat er ihm ein Zumpferl aufs Hirn gemalt.“ Pröll, der Deix in Krems ein eigenes Museum geschaffen hat, lacht mit hochrotem Kopf mit. Schon zuvor sorgt Kabarettist Lukas Resetarits mit einer Geschichte für Schmunzeln. Vor zwei Jahren sei Deix schon mit gesundheitlichen Problemen im Spital gewesen. Ein Arzt habe ihm damals geraten: „Kaufen Sie sich ein Fahrrad und hören Sie zum Rauchen auf.“ Das sei, meint Resetarits, als würde man den Papst auffordern, Atheist zu werden.

Deix selbst war Atheist. Und so leitet auch kein Priester die Trauerfeier. Es sind nur drei Reden von Freunden – und die Musik, die er so liebte. Die Beach Boys hätten den „Soundtrack unserer Freundschaft“ gespielt, erzählt Roncalli-Zirkusdirektor Bernhard Paul in seiner Ansprache. Ein Lied des früheren Schlagzeugers Dennis Wilson sei dabei besonders wichtig für sie gewesen – „Farewell My Friend“, ein klassisches Abschiedslied. „Je nachdem, wer zuerst geht, werden wir uns diesen einen Song widmen.“ Nun ist es Deix, für den das Lied gespielt wird. So wie auch später „Help me Rhonda“ und kurz vor dem Auszug noch „Warmth of the Sun“. Die Beach Boys als letztes musikalisches Geleit.

Es ist ein Zug von rund vierhundert Angehörigen, Freunden und Fans, die von der Aufbahrung zur Grabstelle mitgehen. Deix' Frau Marietta ganz vorn, dahinter unter anderem Karikaturistenkollege Gerhard Haderer, Kabarettist Werner Schneyder, Szenefriseur Erich Joham oder Grün-Politiker Peter Pilz. Auch Madeleine Petrovic, Präsidentin des Tierschutzvereins, ist unter den Gästen – sie verband mit Deix vor allem die Tierliebe. Neben den Beach Boys waren Katzen seine zweite große Leidenschaft – und so trauerten als Unterzeichner auf seiner Parte nicht nur „deine Marietta“, sondern auch „23 Katzen“.

„Er kauft sicher kein Fahrrad“

„Surfer Girl“ in einer Instrumentalversion mit Akustikgitarre ist das letzte Lied am Grab. Ein Ehrengrab der Stadt Wien, gleich in der Nähe von Prominenten wie Maler Gunter Damisch, Künstler Franz West oder Musiker Udo Jürgens – noch ohne Grabstein, nur mit einem Holzkreuz mit seinem Namen. Und es ist Lukas Resetarits, der sich vorstellt, was Deix nun gerade machen wird, „wo auch immer er jetzt sein mag: Er kauft sich dort sicher kein Fahrrad. Und er hört sicher nicht auf zu rauchen und zu trinken. Denn jetzt kann er nicht mehr sterben“.

AUF EINEN BLICK

Manfred Deix starb am 25. Juni im Alter von 67 Jahren. Er galt als bedeutendster Karikaturist Österreichs, der durch die Darstellung eines typisch österreichischen Menschentyps bekannt wurde – der Begriff „Deixfigur“ schaffte es sogar in den „Duden“. Auch stellte er offen Geschlechtsorgane dar – das Wort „Zumpferl“ wird gern zur Beschreibung seiner Bilder verwendet. Deix galt als großer Fan der Beach Boys und als Tierliebhaber – er hatte daheim mehr als 20 Katzen. Er hinterlässt seine Frau Marietta, mit der er seit 1984 verheiratet war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2016)

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