Joachim Brandl: „Wir machen alles anders“

 „Eltern sind entweder eine ganz eigene Spezies oder einfach nur sehr, sehr eigenartig.“ Kabarettist und Kolumnist Joachim Brandl im Wiener Café Schopenhauer, in dem er seine Texte schreibt.
„Eltern sind entweder eine ganz eigene Spezies oder einfach nur sehr, sehr eigenartig.“ Kabarettist und Kolumnist Joachim Brandl im Wiener Café Schopenhauer, in dem er seine Texte schreibt.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Simpl-Kabarettist schreibt seit Jahren Kolumnen über seinen Alltag als Vater zweier kleiner Töchter. Nun ist ein Buch daraus geworden.

„Wir haben bis jetzt noch kein Kind, sondern nur einen Bauch. Und wir haben uns geschworen, dass bei uns alles ganz anders wird.“ Diese Zeilen schrieb Joachim Brandl, als seine Frau und er ihr erstes Kind erwarteten. Heute, mehr als vier Jahre später, weiß Brandl, der hauptberuflich im Kabarett Simpl spielt und für das alteingesessene Haus auch Programme schreibt: Das mit dem „alles anders machen“ als die anderen Eltern (besonders die eigenen), das hat, nun, nicht immer so ganz geklappt.

Vielmehr hat ihn, wie so viele andere Eltern, der Alltag mit Kleinkind eingeholt. Kreischanfälle, volle Windeln, leere Feuchttücher-Boxen, schlaflose Nächte, das volle Programm. Das alles und mehr hält Brandl seit der ersten Schwangerschaft schriftlich fest, seit drei Jahren in Glossenform im deutschen Magazin „Eltern“. Kurz, prägnant, ironisch und humorvoll schreibt er Kolumnen über seine Rolle als Vater eines Kleinkindes, des „wahrscheinlich schönsten Kindes der Welt“ – mittlerweile hat er zwei Töchter. Wer selbst Kinder hat, wird sich und seine Familie in sehr vielen der geschilderten Episoden höchstwahrscheinlich wiedererkennen: von der Alltagsmühsal des gemeinsamen Besuchs im Supermarkt bis zum Problem zu Weihnachten: Wie verteilt man die Geschenke für das Kind so unter 15 Erwachsenen (der Verwandtschaft), dass „jeder möglichst gut dabei wegkommt und niemand auf den Strumpfhosen sitzen bleibt“. (Während sich das Baby bei seinem ersten Weihnachtsfest ohnehin nur für das knisternde Geschenkpapier interessiert und sich an nichts erinnern wird.)

Kommenden Montag erscheinen Brandls Glossen in Buchform (siehe Infobox.) Ergänzt werden sie durch Blogeinträge, die er während der Schwangerschaft verfasste. „Ich habe über alles Mögliche geschrieben, aber die Einträge zum Thema Kind hatten die höchsten Zugriffszahlen.“ Gibt man nicht viel Privates, Intimes preis, wenn man den Alltag als Jungfamilie schildert? „Die Details sind so, dass ich sie auch jedem erzählen würde“, sagt Brandl. Und hofft, dass seine Kinder später einmal froh sind, dass es diese schriftlichen Erinnerungen an ihre Kindheit in Buchform gibt. Und natürlich wird „jeder Text von meiner Frau“ – in den Kolumnen als „beste Frau der Welt“ bezeichnet – abgesegnet.

Als Kabarettist ist Brandl nicht gerade unterbeschäftigt: In der vergangenen Saison stand er 262 Vorstellungen lang auf der Simpl-Bühne. Das ist viel – aber immer nur abends. Für die Familie sei das ideal: „Ich habe tagsüber viel Zeit mit den Kindern, das kenne ich von anderen Papas mit normalen Jobs nicht so.“ Wenn Brandl abends in die Arbeit fährt, geht seine jüngere Tochter gerade schlafen. Das Engagement im Simpl sorgt auch für eine gewisse Sicherheit, die viele freischaffende Künstler vermissen. Und für viel Zeit daheim in Wien. „So erstrebenswert es ist, als Kabarettist mit dem eigenen Programm durch das Land zu touren: Für die Familie ist es besser so, und ich genieße es.“

„Mir fällt es schwer zu glauben, dass das jetzt tatsächlich fast vier Jahren gewesen sein sollen“, schreibt Brandl am Ende des Buchs. „Wo ist die Zeit nur hin? Noch so ein blöder Spruch unserer Eltern, der uns jetzt, da wir selber Eltern sind, einholt.“ Weil man eben doch nicht so anders ist als die anderen Eltern.

Zur Person

Joachim Brandl, Jahrgang 1976, stammt aus Graz. Nach Kabarettprogrammen mit Martin Buchgraber ist Brandl seit 2013 im Simpl als Autor und Kabarettist tätig. Die Sammlung seiner Kolumnen im deutschen Magazin „Eltern“ erscheint am 18. Juli in Buchform: „Das wahrscheinlich schönste Kind der Welt“, Kösel Verlag, 13,40 €. Lesung am 25. 9. im Theater am Alsergrund (19.30 Uhr), Eintritt frei. www.joachimbrandl.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2016)

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