Die Finanzminister der Währungsunion berieten über die Folgen des britischen Austrittsreferendums.
Brüssel. Wie geht es weiter mit der Eurozone nach dem britischen Austrittsreferendum? Über diese Frage sollten die Finanzminister der Währungsunion am Montag diskutieren. Auf der Agenda der Eurogruppe stand die Frage der Auswirkungen eines britischen Austritts aus der EU auf Wechselkurse, Wachstumsaussichten und Wertpapiere. Österreichs Ressortchef Hans Jörg Schelling (ÖVP) reihte sich gestern vor dem Beginn des Treffens zu jenen Optimisten, die den Brexit nicht als gegeben betrachten: „Großbritannien ist jetzt aufgewacht.“ Wann das Austrittsgesuch komme, sei derzeit nicht klar, möglich sei jedenfalls aber auch ein „Brexit light“ – also der Austritt Englands bei gleichzeitigem Verbleib Schottlands in der EU.
Ein weiteres Thema auf der Agenda der Euro-Finanzminister ist die Frage des Umgangs mit Spanien und Portugal. Beiden Ländern hat die EU-Kommission die Nichteinhaltung der Defizitkriterien bescheinigt, über mögliche Pönalen werden die Finanzminister der gesamten EU bei ihrem Treffen am Dienstag in Brüssel reden. Die Brüsseler Behörde hatte bereits im Vorfeld zu verstehen gegeben, dass etwaige Strafen für Madrid und Lissabon nicht hoch ausfallen müssen. Der französische Ressortchef Michel Sapin riet seinen Kollegen gestern jedenfalls von der Eröffnung eines Sanktionsverfahrens gegen Portugal ab: Die Regierung in Lissabon habe in den vergangenen Jahren „enorme Anstrengungen“ unternommen, um die Neuverschuldung zurückzufahren, sagte Sapin vor seiner Abreise nach Brüssel. In der Causa Portugal geht es um die Neuverschuldung im Jahr 2015, die mit 4,4 Prozent des BIPs über dem vereinbarten Zielwert lag – heuer soll das portugiesische Defizit unter die Drei-Prozent-Marke sinken. Hinzu kommt: Portugal hat erst seit Ende 2015 eine neue Regierung. (ag./la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2016)