Die größte Oppositionspartei DPJ unter Yukio Hatoyama könnte 315 von 480 Sitzen im Parlament erhalten. Die LDP räumt die Wahlniederlage ein. Premierminister Taro Aso kündigte seinen Rücktritt als Parteichef an.
In Japan zeichnet sich ein historischer Machtwechsel ab: Erste Nachwahlbefragungen - bei Exit Polls handelt es sich um Umfragen, also nicht um die verlässlicheren Hochrechnungen - deuteten am Sonntag auf einen klaren Sieg der Opposition hin. Die erst 1996 gegründete Demokratische Partei (DPJ) mit ihrem Spitzenkandidaten Yukio Hatoyama könne mit etwa 315 der 480 Sitze im Unterhaus rechnen (bisher 113), berichtete der Fernsehsender Asahi kurz nach Schließung der Wahllokale. Insgesamt waren 103 Millionen Japaner wahlberechtigt.
Premier Aso gibt auf
Damit müssten die seit 1955 nahezu ununterbrochen regierenden Liberal-Demokraten (LDP) in die Opposition gehen. Die Partei von Ministerpräsident Taro Aso kommt demnach lediglich auf etwa 100 bis maximal 131 Sitze, bisher hatte die Gruppierung 296 Mandate inne. Ein ranghoher LDP-Vertreter räumte bereits die historische Wahlniederlage seiner Partei ein. Der noch amtierende Premierminister Taro Aso erklärte gegenüber japanischen Medien, dass er die Verantwortung für die historische Niederlage übernehmen wolle. Er will so bald wie möglich einen neuen Parteichef für die LDP wählen lassen.
Siegreiche Opposition will Krisenverlierern helfen
Hatoyama stammt aus einer Politikerdynastie: schon der Großvater war Premier, sein Vater Außenminister, sein jüngerer Bruder Innenminister. Er versprach, die DPJ werde die bisherige von "Bürokraten geführte unverantwortliche Politik" beenden. Die Partei will vor allem denen helfen, die am stärksten von der Krise betroffen sind. So will sie unter anderem das Kindergeld erhöhen, die Gebühren für höhere Schulen und Autobahnen abschaffen und den Bauern Mindesteinkommen geben.
Mehr Unabhängigkeit von den USA
Im Wahlkampf hat die Wirtschaftskrise, von der auch die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft heftig betroffen ist, eine zentrale Rolle gespielt. Die Demokratische Partei hat angekündigt, die Kaufkraft der Bevölkerung stärken und die Macht der Bürokraten eindämmen zu wollen. Außenpolitisch will sich Hatoyama stärker von den USA abnabeln und bessere Beziehungen zu asiatischen Ländern aufbauen.
Nachkriegssystem für Japan endet
Japan-Experte Gerry Curtis von der Columbia-Universität sagte, mit dieser Wahl ende das politische Nachkriegs-System in Japan. Die Abstimmung markiere das Ende einer langen Ära und den Beginn einer neuen Zeit, die noch ein hohes Maß an Unsicherheit aufweise.
(Ag.)