Die zerstrittene Oppositionspartei geht mit drei Bewerbern in die Wahl ihres Chefs. Jeremy Corbyn hat gute Chancen, im Amt zu bleiben.
London. In der letzten Question Time von Premier David Cameron gab Labour-Chef Jeremy Corbyn eine seiner besten Darbietungen. Dass er sich witzig und gelöst wie selten präsentiert hat, mag nicht nur mit dem Abschied von seinem politischen Gegner zu tun gehabt haben: In der Nacht zuvor hat die Parteiführung entschieden, dass der umstrittene Labour-Chef sich kraft seines Amtes einer parteinternen Wahl stellen darf.
Corbyn stehen nun zwei interne Kontrahenten gegenüber. Nach Ex-Staatssekretärin Angela Eagle kündigte auch der walisische Abgeordnete Owen Smith seine Bewerbung um die Labour-Führung an. Die Widersacher des Parteichefs werfen ihm Führungsschwäche vor. Die Parlamentsfraktion entzog ihm das Vertrauen. Der 67-jährige Corbyn ließ sich nicht beirren. Der Parteichef wird von den Mitgliedern gewählt, und da gilt Corbyn als Favorit. Allein in den vergangenen zwei Wochen stieg Labours Mitgliederzahl von 400.000 auf 525.000 – mobilisiert vom Corbyn-Lager, vermuten die meisten. Um Manipulationen einzudämmen, beschloss die Parteiführung nun, dass bei der Wahl des Chefs nur stimmberechtigt sein wird, wer mindestens sechs Monate Mitglied ist und 25 Pfund Gebühr bezahlt hat. Bisher reichten drei Pfund. Eine Entscheidung soll bis zum Parteitag Ende September fallen.
Corbyns Chancen stehen nicht nur wegen seiner teils aggressiven Fußtruppen gut. Eagle und Smith werben um die Mitte und werden einander Stimmen nehmen, während Corbyn auf ein dezidiert linkes Projekt setzt. Schattenschatzkanzler John McDonnell, wohl die wahre Macht hinter Corbyn, spottete über die Gegner: „Das einzig Gute an ihnen ist, dass sie selbst für Verschwörungen f****** unbrauchbar sind.“ Für das F-Wort entschuldigte er sich. Für den Rest nicht. (gar)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)