Österreich: Kostenpflicht von Online-Inhalten nicht angedacht.
Noch arbeitet die heimische Medienbranche nach dem Motto: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren – zumal die Folgen eines ersten Schrittes schwer abzuschätzen sind. Es geht um die Frage, ob Verlage für die Internetnutzung ihrer Titel Geld verlangen können und sollen oder ob die oft durch aufwendige Recherchen erstellten Artikel auch künftig gratis angeboten werden. Die Sorge, dass die User dann auf andere Angebote ausweichen, ist angesichts des üppigen Gratisangebots im Web durchaus berechtigt. Nur: Ohne bezahlten Content wird sich Journalismus über kurz oder lang schwer finanzieren lassen. Und die Print-Ausgaben leiden unter der durch die Wirtschafts- und Finanzkrise hervorgerufenen Werbeflaute.
„Es gibt viele im Verband, die der Meinung sind, dass das Internetangebot gratis bleiben wird“, sagt Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen. „Ich bin aber sicher, dass bezahlter Content in fünf oder zehn Jahren ein Thema sein wird, weil sich die Verlagshäuser auf allen Ebenen nach alternativen Finanzierungsquellen umschauen.“ Denn, um den „Spiegel“ und damit Walter Isaacson, den Exchef des „Time“-Magazins, zu zitieren: Die Gratisangebote im Netz halten „für den Journalismus so viel Zukunft bereit wie ein steiles Kliff für eine Herde Lemminge“.
Also zerbricht man sich allerorts den Kopf: Soll man vom User Geld verlangen oder lieber auf möglichst viele Gratisuser hoffen und dafür Werbegeld kassieren? Medienzar Rupert Murdoch hat seine Entscheidung getroffen: Er will alle Nachrichten seiner News Corp. (zu der u. a. „Wall Street Journal“ und „Sun“ gehören) im Internet nur noch kostenpflichtig anbieten. Sein Argument: „Qualitätsjournalismus ist nicht billig.“
Doch das Angebot von Nachrichten im Web ist breit. Das ist auch der Grund, warum die deutschen Verleger sehr vorsichtig agieren: „Sobald im Netz etwas kostet, gehen die Nutzerzahlen dramatisch zurück“, meint Hans-Joachim Fuhrmann vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger.
VÖZ besucht Schibsted-Verlag in Oslo
Grünberger rechnet denn auch damit, dass sich vor allem über das General-Interest-Angebot hinausgehende Leistungen verkaufen lassen – z. B. der Zugang zum Archiv. Oder auch Inhalte, die hoch spezialisiert sind und die fachspezifisches Know-how verlangen wie längere Wissenschaftsartikel, also „überall dort, wo im Internet für Arbeiten, Publikationen gesucht wird“.
Auch bei der Werbung wollen die Verleger den Hebel ansetzen: Heute und morgen weilt eine VÖZ-Delegation beim Schibsted-Verlag in Oslo. Dort wird die Reichweite der Print- und Online-Ausgaben der Publikationen nur noch gemeinsam erhoben. Nach dem Motto: Ein Leser ist ein Leser, egal, ob er eine Zeitung auf Papier in Händen hält oder sie im Internet liest. „Bei Schibsted wird viel integrierter gedacht“, so Grünberger. „Das ist ein Thema, das auch auf uns zukommt.“