Arbeitserlaubnis light: Mitterlehner "nicht rasend erfreut"

Reinhold Mitterlehner
Reinhold MitterlehnerAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die Öffnung des Dienstleistungsschecks für Asylwerber wäre ein "Motor für die Integration", glaubt der Sozialminister - und erhält Rückendeckung von Kanzler Kern. Die ÖVP ortet ein "falsches Signal".

Die ÖVP reagiert skeptisch auf die Idee von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), den Dienstleistungsscheck für Asylwerber zu öffnen. Das wäre "ein falsches Signal", hieß es am Dienstag aus dem Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Stöger verteidigte hingegen sein Vorhaben, das er zuvor im "Kurier" angekündigt hatte: Seiner Ansicht nach könnte die Öffnung eine sinnvolle Beschäftigung, "ein Motor für die Integration" sein. In diese Kerbe schlägt auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der meinte, Befürchtungen, dass damit mehr Asylwerber ins Land gezogen würden, seien nicht seine Denkweise.

Der Reihe nach: Stöger hat die für sein Vorhaben nötige Novelle der Ausländerbeschäftigungsverordnung (AuslBVO) am Montag dem Koalitionspartner zur Begutachtung übermittelt. Mitterlehner reagierte darauf "nicht rasend erfreut" - sowohl was den Inhalt als auch die Vorgangsweise betrifft, weil der Vorschlag unmittelbar danach auch gleich den Medien übermittelt wurde. In Stögers Büro hieß es dazu, dass es sich dabei zwar um eine Verordnung des Sozialministeriums handeln würde, man diese aber nicht ohne Zustimmung des Koalitionspartners erlassen würde.

Stöger verwies in einer Aussendung am Dienstag darauf, dass die Öffnung des Dienstleistungsschecks für Asylwerber eine der gemeinsamen Forderungen aller Sozialpartner sei. Das Büro Mitterlehners machte hingegen darauf aufmerksam, dass es zum Thema Integration derzeit Gespräche mit den Sozialpartnern und in der Bundesregierung gebe. Diese sollte man abwarten. "Ein Vorpreschen mit Einzelmaßnahmen hilft der Sache nicht."

Kleine Arbeiten in Privathaushalten?

Der Vizekanzler betonte auch, dass die Bundesregierung gerade erst vereinbart habe, die Möglichkeiten für gemeinnützige Arbeiten von Asylwerbern sowie Sprach- und Wertekurse auszubauen. Darauf liege derzeit der Fokus. Die von Stöger vorgeschlagene generelle Öffnung des Dienstleistungsschecks für Asylwerber schon nach drei Monaten hält Mitterlehner deshalb für das "falsche Signal", weil es im Ausland verzerrt als Öffnung des gesamten Arbeitsmarktes ankommen und damit als unerwünschter "Pull-Faktor" wirken könnte.

Stöger meinte hingegen, dass eine rasche und erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt sowohl für die betroffenen Menschen als auch für unsere Gesellschaft und Wirtschaft wichtig wären. Deshalb möchte er "die Möglichkeit schaffen, dass Asylwerber für kleine Arbeiten in Privathaushalten mit dem Dienstleistungsscheck entlohnt werden können". Reinigungsarbeiten, Kinderbetreuung und einfache Gartenarbeiten seien typische Tätigkeiten, für die der Dienstleistungsscheck gedacht ist.

FPÖ kündigt "massiven Widerstand" an

"Massiven Widerstand" gegen die von Stöger geplante Öffnung kündigte die FPÖ an. Trotz anhaltender Rekordarbeitslosigkeit sei es das oberste Ziel des Sozialministers, den Migranten Arbeit zu verschaffen. Stöger "macht somit weiterhin bevorzugt Arbeitsmarktpolitik für Ausländer", kritisierte Generalsekretär Herbert Kickl. Und er befürchtete: "Diese Stöger-Idee würde auch einen neuen Turboeffekt für einen weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit in unserem Land mit sich bringen."

Dienstleistungsscheck

Der Dienstleistungsscheck dient zur Entlohnung für befristete Arbeitsverhältnisse in privaten Haushalten bis zur Geringfügigkeitsgrenze. Der Arbeitnehmer ist damit automatisch unfallversichert. Ein Scheck im Wert von 10 Euro kostet 10,20 Euro. Mit den 20 Cent werden die Unfallversicherung und ein Verwaltungskostenanteil abgegolten. Der Dienstleistungsscheck ist in Trafiken, bei der Post und online erhältlich.

Nach mäßigem Start im Jahr 2006 ist die Inanspruchnahme des Dienstleistungsscheck zuletzt doch angestiegen. Insgesamt sind nach Zahlen des Sozialministeriums im Jahr 2015 296.665 Dienstleistungsschecks im Gesamtwert von 7,8 Millionen Euro verkauft worden. Eingelöst wurden im Vorjahr Schecks im Gesamtwert von 7,6 Millionen Euro. Das entsprach einer Steigerung gegenüber 2014 um rund 20 Prozent. Heuer wurden im ersten Halbjahr bereits Schecks im Wert von 4,53 Millionen Euro verkauft und im Wert von 4,34 Millionen Euro eingelöst.

(APA)

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