Brexit: Votum über irische Reunion?

Irlands Premier Enda Kenny.
Irlands Premier Enda Kenny.(c) APA/AFP/THIERRY CHARLIER
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Wenn die Nordiren Großbritannien verlassen und Irland beitreten wollten, sollten sie das Recht auf ein Referendum haben, fordert der irische Premier, Enda Kenny.

Wien/Dublin. Dass Großbritannien beim EU-Referendum am 23. Juni für den Austritt gestimmt hat, hat nicht nur in Brüssel, sondern insbesondere auch in den Landesteilen Nordirland und Schottland für gehörige Schockwellen gesorgt. Die Regierung in Edinburgh überlegt eine zweite Volksbefragung zur Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich, um EU-Mitglied zu bleiben – und auch für Nordirland könnte sich eine solche Loslösung abzeichnen: Der irische Premier, Enda Kenny, brachte laut EUobserver die Möglichkeit eines Referendums über die irische Wiedervereinigung ins Spiel.

Wenn die Bevölkerung Nordirlands den Willen zeige, Großbritannien zu verlassen und der irischen Republik beizutreten, so der Fine-Gael-Parteichef, sollte es das Recht zu einer Abstimmung haben. „Die Diskussionen der nächsten Zeit müssen diese Möglichkeit in Betracht beziehen“, fordert Kenny.

„Briten nicht bestrafen“

Irland ist vom britischen Austrittsvotum besonders stark betroffen. Das Vereinigte Königreich ist für irische Exporte nach den USA der zweitwichtigste Markt. Kenny hatte seine EU-Kollegen deshalb Montagabend in einer Rede dazu aufgefordert, die Briten bei den anstehenden Austrittsverhandlungen „nicht für ihr Votum zu bestrafen“.

Dies würde nur dazu führen, dass EU-Kritiker auch in anderen Mitgliedstaaten an Boden gewinnen, mahnte der Mitte-rechts-Politiker. „Es ist in niemandes Interesse, etwas anderes als weiterhin die bestmöglichen Beziehungen zu Großbritannien anzustreben“, so Kenny.

Daran ist freilich auch die neue Premierministerin, Theresa May, interessiert. Trotz aller Unwägbarkeiten muss die Tory-Chefin nun gleichzeitig versuchen, das Königreich zusammenzuhalten. Bei einem Besuch in Edinburgh Ende vergangener Woche signalisierte May, sie werde den formalen Antrag zum EU-Austritt erst stellen, wenn eine gesamtbritische Linie stehe. Zudem wolle sie offen für Argumente sein, versprach die Premierministerin der Chefin der schottischen Regionalregierung, Nicola Sturgeon: „Ich möchte, dass die schottische Regierung in unsere Diskussion einbezogen wird.“ Dasselbe dürfte auch für Nordirland gelten – um eine Abspaltung zu verhindern. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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