Protest gegen Abriss in Döbling

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Symbolbild.(c) Michaela Bruckberger
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In Döbling wird ein historischer Bau abgerissen. Die Initiative Denkmalschutz protestiert gegen die laufende „Abrisswelle“ in Wien und mahnt die Bezirke zum Handeln.

Wien. In der Döblinger Hauptstraße Nummer 40 sind derzeit die Bagger am Werk. Mehr als die Hälfte des alten Hauses in der Nähe der Spittelau stehen schon nicht mehr, wie die jüngsten Bilder belegen. Nur die Reste des einstöckigen Gründerzeitgebäudes sind noch zu erkennen: die gut erhaltene, streng historische Fassadengliederung (Bauzeit circa 1860 bis 1880). Die Tafel, die an den wohl berühmtesten früheren Bewohner erinnert, ist schon abmontiert: Es war das Wohn- und Sterbehaus von Maler Franz Kopallik (1860 bis 1931). Die Tafel wird wohl in wenigen Jahren an einem neuen Wohnbau montiert werden, der dort anstelle des historischen Gebäudes entstehen soll.

Auch wenn es für dieses schon zu spät ist, die Initiative Denkmalschutz kritisiert diesen Abriss. Schließlich liegt dieses Gebäude zwar nicht in einer Ortsbild-Schutzzone, es sei aber schon 1996 Teil eines Vorschlages für eine Schutzzonenausweitung der zuständigen MA 19 für den Bezirk Döbling gewesen. „Trotz dieses Vorschlages wurde die Schutzzonenerweiterung beim Beschluss des jetzt gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplans im Jahr 2002 nicht umgesetzt“, kritisiert Markus Landerer vom Verein Initiative Denkmalschutz.

„Bezirk nimmt sich aus Verantwortung“

Er sieht auch Versäumnisse im Bezirk: Der hätte den Abriss verhindern können, da die Bezirksvertretung damals, vor 14 Jahren, eine Stellungnahme zum Entwurf des Flächenwidmungsplans hätte einbringen können. Damit hätte sie den Wunsch äußern können, den Schutz für historische Ortsbilder auf dieses Grätzel zu erweitern. „Die Bezirke haben da einen wesentlichen Einfluss auf die Flächenwidmung. Aber sie nehmen sich aus der Verantwortung und schauen nicht auf ihre Bausubstanz.“

Im konkreten Fall sieht man in der Döblinger Bezirksvertretung aber keine Versäumnisse: Das Objekt liegt in keiner Schutzzone, insofern habe der Bezirk keinen Einfluss auf einen Abriss. Und diese Schutzzonen seien, so Daniel Resch (ÖVP), der stellvertretende Bezirksvorsteher, schlicht nicht überall möglich. „Wir haben im Bezirk viele Schutzzonen, es gibt auch viele Diskussionen darüber. Wo es geht, sind wir sehr dahinter, dass historische Substanz erhalten wird. Aber das geht nicht überall“, sagt Resch. Und oft stehen Interessen gegeneinander: Die der Eigentümer sind oft nicht die der Denkmalschützer. Und, auch wenn ein Gebäude in einer Schutzzone liegt, kann die Baupolizei einem Abriss zustimmen, wenn die Sanierung zu aufwendig wäre.

In Döbling liegt der Focus, wenn es um die alte Bausubstanz geht, derzeit eher auf den Heurigenorten als auf den gürtelnahen Gebieten: In Grinzing oder Neustift zum Beispiel sind die heftigen Proteste, wenn ein altes Gebäude abgerissen und durch neue Wohnbauten ersetzt werden, seit Jahren ein großes – und hoch emotionales – Thema.

Alte Bauten weichen Wohnkomplexen

Für den Bau in der Döblinger Hauptstraße 40 ist es mittlerweile ohnehin schon zu spät – der Abriss ist voll im Gange. Für die Initiative Denkmalschutz ist dieses Gebäude aber nur eines von vielen Beispielen für den Verlust der historischen Substanz der Stadt: „Das ist ein Problem überall in Wien, der Schutz wird viel zu wenig wahrgenommen, es gibt zu wenige Schutzzonen“, sagt Landerer. Die Initiative spricht von einer „Abrisswelle“, die über Wien „rolle“: Einer jener Verluste, bei dem ein laut Definition des Vereins erhaltenswürdiger Bau einem gesichtslosen Neubau geopfert wurde, ist etwa das Haus Wiedner Gürtel 22. Auch dieses Haus, ein repräsentativer Gründerzeitbau von Architekt Oskar Merz, war seitens der MA 19 für eine Schutzzonenerweiterung vorgesehen, die aber nicht umgesetzt wurde.

Dem Verein würden laufend erhaltenswerte Bauten gemeldet, die vor einem Abriss stehen. Etwa ein späthistorischer palaisartiges Zinshaus in der Schüttaustraße 56 in Kaisermühlen – auch dort wurde der Neubau vor Kurzem fertiggestellt. Überhaupt sehen die Denkmalschützer jenseits der Donau besonderen Handlungsbedarf, um etwa die Ortskerne von Kaisermühlen, Aspern, Essling, Kagran, Süßenbrunn und Stadlau vor Abrissen und neuen Wohnkomplexen zu schützen. Ein Beispiel dafür sei das historische Hopf-Haus in der Donaufelder Straße, das trotz langer Proteste abgerissen wurde um einem solchen Wohnbau zu weichen.

Handlungsbedarf nördlich der Donau

Die Denkmalschützer fordern speziell diese Bezirke nun auf, besonders bei Umwidmungen auf die Schützwürdigkeit von Häusern auch außerhalb der Ortsbild-Schutzzonen zu achten. Oder bei Bedarf bei der Stadt den Wunsch nach einer Erweiterung dieser Schutzzonen einzubringen.

Auf einen Blick

In der Döblinger Hauptstraße Nummer 40 lebte einst der Maler Franz Kopallik, bis vor Kurzem stand noch das Gründerzeitgebäude mit streng historischer Fassadengliederung. Derzeit ist der Abriss im Gange – der Verein Initiative Denkmalschutz kritisiert diesen, schließlich war schon vor Jahren eine Erweiterung der Ortsbild-Schutzzone auf dieses Grätzel in Diskussion, diese wurde aber nicht umgesetzt. Während die Bezirksvertretung in Döbling ihren Fokus im Hinblick auf Denkmalschutz eher auf die Heurigenorte legt, kritisiert die Initiative Denkmalschutz diese wegen ihrer Untätigkeit. Wie auch andere Bezirke: Schließlich sei in ganz Wien eine „Abrisswelle“ historischer Substanz im Gange.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)

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