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Asyl: Notverordnung in Zielgerade

Innenminister Wolfgang Sobotka zerbricht sich den Kopf, wie die Obergrenze von 37.500 Flüchtlingen nicht überschritten wird.
Innenminister Wolfgang Sobotka zerbricht sich den Kopf, wie die Obergrenze von 37.500 Flüchtlingen nicht überschritten wird.(c) APA/HANS KLAUS TECHT
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Die Begutachtung der nächsten Etappe zur Einhaltung der Flüchtlingsobergrenze steht bevor. Innenminister Sobotka hat nun die Rückmeldungen aller Ressorts erhalten.

Wien. Der Rückgang der Asylanträge nach dem Dichtmachen der Grenzen auf der Balkanroute hat eine Entlastung bei der Unterbringung der Flüchtlinge in Österreich gebracht. Nach Angaben des Innenministeriums auf Anfrage der „Presse“ stehen derzeit insgesamt beinahe 15.000 Asylquartiere des Bundes und der Länder sowie Notunterkünfte leer. „Das ist ein Puffer“, wird allerdings prompt im Ministerium in der Wiener Herrengasse betont. Damit sind Kapazitäten für einen etwaigen neuen, verstärkten Andrang – beispielsweise in Folge der dramatischen Ereignisse in der Türkei – vorhanden.

Solche Kapazitäten hätte man im Sommer des Vorjahres gern zur Verfügung gehabt. Damals wurden für 2000 Asylwerber dringend Unterkünfte gesucht. Bilder von Flüchtlingen, die etwa in Linz in Zelten untergebracht wurden, sorgten über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen. Insgesamt waren jetzt mit Stand vom Dienstag rund 84.000 Schutzsuchende in der Grundversorgung für Flüchtlinge in Österreich.

 

Minister Stöger hat gemeldet

Auch wenn der Zustrom nachgelassen hat, hat es Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) eilig, die geplante Notverordnung für das Asylwesen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit fertigzustellen. Dabei ist das Innenressort inzwischen auf die Zielgerade eingebogen. Denn mittlerweile haben alle Ministerien ihre Fakten und Stellungnahmen übermittelt, wurde der „Presse“ bestätigt. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), zu dem wichtige Fragen wie die Belastung des Arbeitsmarkts und Sozialleistungen wie die Mindestsicherung gehören, hat ebenfalls seine Meldung abgegeben. Am Donnerstag der Vorwoche war es noch zu Beratungen des Innen- und Sozialressorts auf Beamtenebene gekommen.

Jetzt sind nur mehr die Stellungnahmen von maximal drei Bundesländern ausständig. Wenn diese eingelangt sind, wird die geplante Notverordnung jedenfalls in Begutachtung geschickt werden. Allerdings machen einige Bundesländer kein Hehl aus ihren Vorbehalten gegenüber einer derartigen Notverordnung. Dem Vernehmen nach sieht das rot-grün regierte Wien die Situation mit den Flüchtlingen recht entspannt. Dies obwohl die Bundeshauptstadt mit einer besonders hohen Arbeitslosenrate und der mit Abstand größten Zahl an den bundesweit 256.000 Beziehern einer Mindestsicherung kämpft.

 

Gegenfront grüner Landesräte

Widerstand und massive Einwände kommen auch von den – jeweils von den Grünen gestellten – Integrationslandesräten in Oberösterreich, Tirol und Salzburg, das sind Rudi Anschober, Christine Baur und Martina Berthold. Sie warnen mit Hinweis auf die nunmehr Tausenden freien Quartierplätze: „Wir haben eher einen Leerstand denn einen Notstand.“ Durch den Anstieg der Anträge auf Asyl im Vorjahr gegenüber dem Jahr 2014 könne nach Ansicht der Grünen „per se auch kein Recht auf eine derartige, massive Einschränkung der Grundrechte“ durch die Notverordnung abgeleitet werden.

Für den Innenminister sind nicht nur deswegen die Folgen des Flüchtlingszustroms auf das Sozialwesen in Österreich in den Mittelpunkt seiner Argumentation, warum die Verordnung notwendig ist, gerückt. Das betrifft einerseits die Auswirkungen auf den heimischen Arbeitsmarkt, der ohnehin mit einer Rekordzahl an Arbeitslosen kämpft; und es betrifft die Belastungen des Sozialstaates, weil befürchtet wird, dass viele Asylberechtigte auch wegen fehlender Deutschkenntnisse keinen Job finden und damit auf Mindestsicherung angewiesen sein werden.
Probleme gibt es für den Innenminister allerdings auch mit dem Koalitionspartner SPÖ in der Bundesregierung. So hat Kanzleramtsstaatssekretärin Muna Duzdar kein Hehl daraus gemacht, dass sie gar keine Notwendigkeit für eine derartige Notverordnung sieht.

Sobotka und Vizekanzler ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner sehen das völlig anders: Sie wollen die Verordnung möglichst rasch fertig haben, um für einen Andrang gerüstet zu sein und die Grenze von maximal 37.500 Asylanträgen heuer nicht zu überschreiten. Allerdings räumte Mitterlehner selbst am Mittwoch ein, dass die von der Regierung festgelegte Obergrenze im Sommer nicht erreicht werde.

Auf einen Blick

Grundversorgung. Mit Stand vom Dienstag dieser Woche waren in Österreich laut Innenministerium rund 84.000 Flüchtlinge in der Grundversorgung. Die Zahl der laufenden Asylanträge lag bei 68.000. Mit einer Notverordnung nach dem Asylgesetz möchte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) festlegen, wann die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ und der Schutz der inneren Sicherheit in Österreich gefährdet sind.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2016)