Sommergespräch mit Josef Pröll: Nettes Geplauder vor historischer Kulisse

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Die Versuche von Moderatorin Ingrid Turnher und Harald Krassnitzer, ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll zu konkreten Aussagen zu bewegen, verliefen sich in routiniertem aber unverbindlichem Geplauder.

Wien/Göttweig (maf). Harald Krassnitzer ist bekennender Sozialdemokrat. Der mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer befreundete Schauspieler sollte daher Garant für ein spannendes und kontroversielles ORF-Sommergespräch mit Vizekanzler Josef Pröll sein.

Arbeiten bis 67?

Doch vor der historischen Kulisse des Stifts Göttweig entwickelte sich eher ein unverbindliches Geplauder. Das lag gar nicht so sehr an Krassnitzer: Der bemühte sich – ebenso wie Moderatorin Ingrid Thurnher – redlich, dem ÖVP-Chef konkrete Aussagen über die Sanierung des Staatshaushaltes zu entlocken. Werden wir künftig bis 67 arbeiten müssen? Wie genau soll in der Schule oder im Gesundheitsbereich gespart werden?
Pröll zog sich routiniert aus der Affäre: Wenn das Ausmaß der Krise absehbar ist, werde es ein Gesamtpaket werde es geben, nicht nur einzelne Maßnahmen. Dafür aber sei der Zeitpunkt noch nicht gekommen.

Nicht bereit für neue Steuern

Gegen höhere Steuern sprach sich Pröll neuerlich aus. „Ich bin nicht bereit, neue Steuern einzuführen. Wir haben jetzt schon eine Steuerbelastung, die sich gewaschen hat.“ Speziell gegen die von Krassnitzer eingeforderten höheren Vermögenssteuern wehrte sich der Vizekanzler. Er forderte „Leistungsgerechtigkeit für die, die das System am Laufen halten.“
Aber Pröll ist ohnehin überzeugt, dass gar keine neuen Steuern notwendig sein werden. Durch die Wirtschaftskrise gebe es einen „faktischen Druck“, der auch zu echten Ergebnissen bei der Verwaltungsreform führen werde. Und zwar auch in den Bundesländern, die ebenso wie der Bund jetzt schon die Folgen der geringeren Steuereinnahmen spüren.


Zur Frage, wer neuer EU-Kommissar wird, gab sich Pröll weiter bedeckt. „Ich bin stolz, dass der EU-Kommissar aus der Volkspartei kommen wird und dass wir genügend geeignete Kandidaten dafür haben.“ Ob das ein Abrücken vom bisherigen Favoriten für den Posten, dem früheren Parteichef Wilhelm Molterer ist? „Ich rücke von niemandem ab.“

Distanz zu Strache

Der Ort des Interviews, das Stift Göttweig, inspirierte Thurnher zur Frage, wie Pröll es wohl mit dem „wehrhaften Christentum“ eines Heinz-Christian Strache halte. „Damit habe ich nichts am Hut“, so die klare Antwort. Christliche Positionierung der Volkspartei sieht der Parteichef eher im Bereich der Solidarität mit sozial Schwachen.

(Die Presse, Printausgabe, 02. 9. 2009)

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