Die vor allem von den USA betriebene Basis ist seit Samstag vom Strom abgeschnitten. Die Türken haben das bisher nicht erklärt.
Incirlik/Stuttgart/Washington. Fast eine Woche nach dem Putschversuch steigt das Unbehagen mehrerer Nato-Staaten, vor allem der USA, wegen des Luftwaffenstützpunkts Incirlik nahe Adana in der Südosttürkei. Die Behörden haben der Basis, die von der Türkei und den USA gemeinsam betrieben wird und wo die US-Luftwaffe Hauptnutzer ist, am frühen Samstagmorgen den elektrischen Strom abdrehen lassen. Bisher wurde die Versorgung nicht wieder hergestellt.
„Nichts hat sich geändert, der Strom ist weg“, sagt ein Sprecher des US-Kommandos für Europa in Stuttgart. „Wir überlassen es den Türken, das zu erklären, und wieso es passiert ist“, so Pentagon-Sprecher Peter Cook kürzlich. Die Türken hätten die Maßnahme, vor allem aber deren Aufrechterhaltung, noch immer nicht begründet. Der Betrieb auf der Basis, von wo aus etwa Missionen über Syrien und dem Irak geflogen werden, sei kaum eingeschränkt, heißt es. Man benutze Dieselgeneratoren und habe noch für einige Zeit Vorräte. Sollte sich aber mittelfristig nichts ändern, müsse man „gewisse Anpassungen unternehmen“, so Cook.
Fakt ist, dass unter den türkischen Putschisten auch Offiziere aus Incirlik waren. Der Kommandant des Mitte der 1950er-Jahre fertiggestellten Stützpunkts, Brigadegeneral Bekir Erçan Van, und ein Dutzend weitere Offiziere wurden verhaftet.
Sorge um taktische Atomwaffen
In und um Incirlik sind neben der kleinen türkischen Garnison mindestens 2700 Amerikaner (möglicherweise weit mehr) sowie Hunderte Militärs etwa aus Großbritannien und anderen Staaten der Nato und der Anti-IS-Koalition beschäftigt. Beobachter machen sich Sorgen wegen der Atomwaffen, die dort lagern dürften. Die Zahl ist unbekannt, es könnten bis zu 50 Bomben Typ B61 mit einer regelbaren Explosionskraft bis 350 Kilotonnen TNT sein. Sie können primär von F-15- und F-16-Jets der Amerikaner abgeworfen werden. Sie lagerten in Bunkern, heißt es, und sollen ohne Codes, die man über eine komplizierte Befehlskette erhält, nicht funktionieren. Doch sei die Sicherungskette jahrzehntealt und könne eventuell umgangen werden. (wg)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2016)