Synchron Stage neu eröffnet: Der Sound für Hollywood

SYNCHRON STAGE VIENNA AM ROSENHUeGEL
SYNCHRON STAGE VIENNA AM ROSENHUeGELAPA/HERBERT NEUBAUER
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In der alten Synchronhalle laufen wieder Aufnahmen für den Film. Wie Herbert Tucmandl am Rosenhügel Sounds für Games und Kinofilme produziert.

Eines der legendärsten Stücke ist trotz der Wiedereröffnung vorige Woche noch nicht wieder in Betrieb. Die historische Kinoorgel steht noch im Keller, darauf sind Tasten, über denen steht „Pferdegetrappel“, „Lokomotivpfiff“, „Brandung“ oder „Kuhglocken“ – Geräusche, die für die Filme der 1940er- und 1950er-Jahre an dieser Orgel eingespielt wurden. Derzeit kann man das denkmalgeschützte Instrument nicht spielen, Herbert Tucmandl sucht Sponsoren, die für die aufwendige Restaurierung aufkommen – ist die Kinoorgel aus dem Jahre 1940 doch die einzige der Welt, die noch fix in ein Filmmusikstudio integriert ist.

Früher oder später, so Tucmandl, soll diese Orgel wieder im Saal seiner Synchron Stage Vienna stehen. Dieser Saal war zuletzt, rund 15 Jahre lang, nur für Theaterproben oder als provisorische Kantine in Betrieb. Seit ein paar Monaten aber laufen wieder Orchesteraufnahmen. Derzeit entstehen dort, in dem Studio am Rande Wiens, Sounds für neue Nintendo-Spiele. Die Produzenten aus Japan gehören zu den ersten Nutzern seit der offiziellen Eröffnung. Tucmandl hat das denkmalgeschützte Gebäude am Gelände der alten Rosenhügelstudios 2013 vom ORF übernommen, in den zwei Jahren darauf wurde renoviert. Tucmandl, selbst früher Musiker, Regisseur und Komponist, erklärt die komplizierte Raum-in-Raum-Konstruktion der Halle, in die nicht der leiseste Ton von außen dringen darf. „Das Haus ist unfassbar aufwendig konstruiert. Es gab kaum historische Pläne, wir haben viel Zeit damit verbracht zu analysieren, warum was wie gebaut wurde.“

Schließlich wurde in dem Studio – übrigens, so Tucmandl, das einzige weltweit, das eigens für die Produktion von Filmmusik konstruiert wurde – schon seit den 1940er-Jahren aufgenommen: Zahlreiche Produktionen der Wien-Film wurden hier mit großem Orchester vertont. Aus dieser Zeit stammt übrigens auch der alte Name Synchronhalle: Damals wurden Ton, Musik und Geräusche tatsächlich synchron in der großen Halle eingespielt und -gesprochen, während der Film auf der Leinwand lief.

In den 1960er-Jahren wurde das Studio auch für Plattenaufnahmen genutzt: Unter anderem von Herbert von Karajan, Karl Böhm oder Wilhelm Backhaus. An diese alte Tradition will Tucmandl nun mit seiner neuen Synchron Stage anknüpfen. Die erste Produktion im Probebetrieb vorigen Herbst war die Wiederaufnahme einer legendären Filmmusik: Die bislang verschollen geglaubte Partitur von Anton Profes zu den drei Sissi-Filmen mit Romy Schneider wurden anhand des Originalmanuskripts zu einer neuen Orchestersuite zusammengestellt.

Mit dieser Musik (sie ist unter dem Namen „Sisi – The Movie Trilogy Suite“ als Tonträger erhältlich) will er an die alte goldene Zeit des Films in Wien anknüpfen. Er hofft, dass Wien mit dem neuen Studio nun als Standort für internationale Medienmusikproduktionen wieder wichtiger wird. Schließlich ist die Liste internationaler Kunden lang: Bisher fanden auf der neuen Synchron Stage neben Orchester-Aufnahmen für Werbespots oder Videospiele schon Produktionen für die Dan-Brown-Verfilmung „Inferno“ (Musik: Hans Zimmer) oder die neue Netflix-Serie „Crown“ von „The Queen“-Autor Peter Morgan (Musik: Rupert Gregson-Williams und Hans Zimmer) statt.

Töne für Hans Zimmer

Überhaupt hat der gute Draht zu Oscar-Preisträger Zimmer Tucmandl beim Aufstieg in die internationale A-Liga der Sparte sehr geholfen. Zimmer war, erzählt Tucmandl, einer der ersten Kunden, als er seine Sample Libary Anfang der 2000er-Jahre bei Messen vorgestellt hat. Seither ist er regelmäßiger Kunde, ebenso wie die Filmkomponisten Danny Elfmann, Oscargewinner Alexandre Desplat oder Musiker wie Herbie Hancock, Lenny Kravitz, Beyoncé oder Justin Timberlake, die schon die Software oder Sample-Bibliothek genutzt haben, die Tucmandl und sein Team in Wien entwickeln und aufnehmen – und, die vielleicht, irgendwann, wenn sie denn restauriert ist, auch ein Hupen oder Donnergrollen aus der alten Kinoorgel wieder nutzen könnten.

AUF EINEN BLICK

Herbert Tucmandl, einst Cellist (u. a. Substitut bei den Wiener Philharmonikern), Kameramann, Regisseur und Produzent, hat mit seiner Vienna Symphonic Library eine riesige Datenbank von Tönen und Tonfolgen aufgebaut – die mit Abstand größte Sammlung an Audio-Samples, die von Produzenten weltweit genutzt wird.

Mit der Synchron Stage Vienna ist am Gelände der ehemaligen Rosenhügelstudios ein Aufnahmestudio entstanden, mit dem Tucmandl internationale Filmmusikproduktionen wieder nach Wien holen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2016)

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