Konsumentenschutzminister Stöger setzt mit einem Gesetzesentwurf zum Verbot von Abgaben für Geldautomaten die ÖVP unter Druck. Vizekanzler Mitterlehner warnt vor einem "Eigentor für die Kunden".
Wien. Nur wenige Tage nachdem SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder im „Presse“-Gespräch ein Gesetz für ein Verbot von Bankomatgebühren angekündigt hat, will Sozial- und Konsumentenschutzminister Alois Stöger (SPÖ) damit Ernst machen. Im ORF-Radio am Sonntag bekräftigte er, untermauert durch ein Gutachten, dass ein entsprechender Entwurf in seinem Ministerium bereits fertiggestellt sei. Damit kommt es zur nächsten Kraftprobe in der rot-schwarzen Bundesregierung. Denn die ÖVP ist statt eines Verbots für eine Kennzeichnung von kostenpflichtigen Bankomaten. Auffallend ist allerdings, dass sich Stöger nicht zum ersten Mal mit einem konkreten Gesetzesplan direkt mit dem Koalitionspartner anlegt.
Nach dem Plan Stögers soll das Verbot von Bankomatgebühren rasch beschlossen werden und ab Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. Zwar handle es sich um einen Eingriff in die Eigentumsrechte der Bankomatbetreiber, der aber dem Konsumentenschutz und damit dem öffentlichen Interesse diene.
Auslöser war, wie „Die Presse“ berichtet hat, dass das US-Unternehmen Euronet mit rund 80 Bankomaten in Österreich seit Kurzem 1,95 Euro pro Abhebung kassiert. Stöger ist seinerseits SPÖ-intern ein Getriebener. Denn sowohl die SPÖ-dominierte Arbeiterkammer mit ihrem Präsidenten, Rudolf Kaske, als auch der Pensionistenverband mit Präsident Karl Blecha drängen vehement auf ein Verbot von Bankomatgebühren.
Eingriff in die Vertragsautonomie
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, in der Regierung das „Spiegelressort“ zum Sozialministerium, befürchtet, dass „ein gesetzlicher Schnellschuss zu einem Eigentor für die Kunden“ wird. Denn im Gegenzug könnten die Kontogebühren der Bankkunden steigen. „In diesem Fall wäre es für alle Kunden ein Verlustgeschäft und somit ein Schildbürgerstreich“, so Mitterlehner zur „Presse“. Außerdem hielten Experten ein Verbot für verfassungsrechtlich bedenklich, weil es sich um einen Eingriff in die Vertragsautonomie handle.
Die ÖVP bleibt bei ihrer Linie und verlangt mehr Transparenz für die Kunden. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) arbeite daher bereits an einer Transparenzregelung für die Gebühren.
Stöger bemüht sich jedenfalls, mit einem fertigen Gesetzesentwurf Koalitionspartner ÖVP vor vollendete Tatsachen zu stellen und als Bremser beziehungsweise als Verteidiger ungerechtfertigter Gebühren im Dunstkreis der Banken hinzustellen. Schon Anfang Mai des heurigen Jahres reizte der ehemalige Metallergewerkschafter aus Oberösterreich die Strapazierfähigkeit des schwarzen Koalitionspartners noch weiter aus. Da wollte Stöger, der im Jänner dem SP-Präsidentschaftskandidaten, Rudolf Hundstorfer, im Sozialressort nachgefolgt ist, eine Neuregelung der Mindestsicherung mit der Gesetzesbrechstange umsetzen.
Parallelen zu Streit um Sozialgeld
Denn obwohl es zwischen Bund und Ländern wegen Differenzen um Kürzungen des Sozialgeldes keine Einigkeit über die Reform der Mindestsicherung gegeben hatte, preschte der SPÖ-Minister auch damals mit einem Gesetzesentwurf vor und wollte diesen in Begutachtung schicken. Ein derartiges Vorgehen ohne vorherige Zustimmung der ÖVP wäre einem Koalitionsbruch gleichgekommen. Stöger steckte dann auch wenig später zurück. Koalitionsintern war sein Vorstoß damals als Versuch angesehen worden, von der auf dem Höhepunkt befindlichen SPÖ-Kampagne gegen Bundeskanzler Werner Faymann abzulenken, der dann nur eine Woche später seinen Rücktritt erklärte.
Dienstleistungsscheck für Asylwerber
Erst vor Kurzem überraschte der Sozialminister mit einem anderen Gesetzesvorhaben den Koalitionspartner, aber auch Teile der SPÖ. Dabei ging es um die Ausweitung des Dienstleistungsschecks auf Asylwerber. Seit einem knappen Jahrzehnt gibt es den Dienstleistungsscheck für die Beschäftigung etwa von Haushaltshilfen, um die Schwarzarbeit einzudämmen. Dieser Vorstoß Stögers für die Ausdehnung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Asylwerbern kam insofern aus heiterem Himmel, als sich SPÖ und ÖVP erst knapp davor im Ministerrat auf ein Integrationspaket für Flüchtlinge in Österreich geeinigt hatten – ohne diesen Punkt.
Das Paket sah in Abstimmung von Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kanzleramtsstaatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) lediglich den Ausbau gemeinnütziger Tätigkeiten für Asylwerber in Gemeinden und gemeindenahen Unternehmen vor. Für diese sollte ein Kriterienkatalog festgelegt werden, den es allerdings bisher nicht gibt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2016)