Bayern "ohne Denkverbote" im Kampf gegen Terror

Bavarian state premier Seehofer arrives for news conference in Sankt Quirin
Bavarian state premier Seehofer arrives for news conference in Sankt Quirin(c) REUTERS (MICHAELA REHLE)
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Die bayerische Regierung trat bei ihrer Klausur gegen eine „Politik der offenen Grenzen“ ein.

Tegernsee. Mit „entschlossenem Handeln und ohne Denkverbote“ will die bayerische Landesregierung den Schutz der Bürger vor Terrorismus und Kriminalität verstärken. Zum Auftakt einer fünftägigen Klausursitzung seines Kabinetts am Tegernsee sagte Ministerpräsident Horst Seehofer, dies sei man den Opfern der Anschläge von Würzburg, München und Ansbach schuldig, die Bayern während der vergangenen Woche „ins Mark getroffen“ hätten.

Den Satz, dass Politik eine letzte Sicherheit nicht versprechen könne, will Seehofer nicht akzeptieren, wie er sagte. Das sei eine „Aufforderung zur Untätigkeit: Da können wir die Polizei gleich halbieren.“ Angesichts der „ganz neuen Formen des Terrorismus“ bezeichnet der CSU-Politiker auch „jede Relativierung der Probleme“ als unangemessen – so etwa Studien zur Straffälligkeitsrate „dieser oder jener Bevölkerungsgruppe“. Das heißt im Klartext: Straftaten von Flüchtlingen oder anderen Zuwanderern zählen mehr, unabhängig von ihrer tatsächlichen Häufigkeit.

Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, es dürfe „keine Politik der offenen Grenzen“ mehr geben. Ins Land dürfe erst, wessen Identität bei Ankunft – oder jetzt, bei vielen im Nachhinein – geklärt sei. Abschiebungen in Krisengebiete dürften kein Tabu sein, sage Herrmann. Dabei müsse man nicht nur „bis an den Rand der europarechtlichen Vorschriften“ gehen, sondern diese gegebenenfalls ändern: „Sie stammen ja aus einer anderen Zeit.“ Von der Genfer Konvention sprach Herrmann nicht.

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Für leichtere Abschiebungen

Für eine Abschiebung dürften auch medizinische Gründe kein Tabu darstellen, fügte der Innenminister unter Anspielung auf den Selbstmordattentäter von Ansbach hinzu, dessen Rückschiebung nach Bulgarien (entsprechend dem Dublin-Abkommen) wegen seiner psychischen Labilität und seiner Suizidgefährdung ein Jahr lang ausgesetzt war.

Herrmann sieht ferner Gesprächsbedarf mit dem Bund darüber, „was sich in Unterkünften von Asylbewerbern abspielen darf“. Er verweist auf Polizeiermittlungen, nach denen der Attentäter von Ansbach auf seinem Zimmer genügend Material gehortet habe, um eine weitere Bombe zu bauen.

Ob für einen verstärkten Einsatz der Bundeswehr im Inneren, wie von ihm gefordert, der bisherige Rechtsrahmen ausreiche, will Bayerns Innenminister nicht eindeutig beantworten. Das Bundesverfassungsgericht habe den Ländern erlaubt, bei unmittelbarer, extremer Gefahr die Amtshilfe durch Soldaten anzufordern: „Ob darüber hinaus das Grundgesetz geändert werden muss, damit müssen wir uns beschäftigen“, sagte Herrmann.

Mehr Möglichkeiten, im Internet und den sozialen Netzen zu ermitteln, fordert Bayerns Justizminister Winfried Bausback. „Hetzern oder Gefährdern“ müsse man eine „elektronische Fußfessel“ anlegen; Sympathiewerbung für terroristische oder radikale Gruppen müsse verboten, Verbindungsdaten sollten länger als nur zehn Wochen gespeichert werden.

Seehofer sagte, Bayern werde seine Vorschläge präsentieren, auch wenn sie in Berlin oder Brüssel zunächst nicht auf Gefallen stoßen. „Jetzt muss gehandelt werden. In die Endlosschleife der Diskussion lassen wir uns nicht abdrängen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2016)

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